Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab 35
und Stelle davon überzeugt, daß ein Leichenraub gar nicht in Betracht
kommen konnte. Selbstverständlich hatten auch sie, hatte vor allem Maria
Magdalena angesichts des leeren Grabes zunächst einen derartigen Ver-
dacht geschöpft; sie gingen ihm nach, und Maria Magdalena wollte ihn
lange nicht fahren lassen138. Aber der unmittelbare Augenschein, d. h.
nicht nur die Lagerung der Grabtücher, sondern vor allem die Begegnung
mit der Person des Auferstandenen selbst, der an die Stelle des vermeint-
lichen Gärtners trat, mußte sie zuletzt überzeugen.
IIc.
Lenken wir nach diesem Umblick noch einmal zum Grundbericht des
Markusevangeliums zurück! Wir haben gesehen, wie die apologetische
Auseinandersetzung mit den jüdischen Verdächtigungen in fast allen an-
dern Evangelien, d. h. im Matthäusevangelium, im Hebräer- und Petrus-
evangelium und im Johannesevangelium, unübersehbare Spuren hinter-
lassen hat. Lukas ist der einzige Evangelist, der sich in seiner Darstellung
von solchen Rücksichten frei oder so gut wie frei gehalten hat139 und nur
den Schriftbeweis um so nachdrücklicher zur Stützung eines Glaubens her-
anholt, der sonst allein auf den Auferstehungsbegegnungen ruht. Sollte
die allgemeine apologetische Tendenz unter diesen Umständen nicht auch
bei Markus schon eine Rolle gespielt haben? Diese Frage erscheint auf alle
Fälle erlaubt.
An einer Stelle der Markuspassion ist schon bisher eine solche Mög-
lichkeit gelegentlich erwogen worden. Es erscheint einigermaßen auffal-
lend, mit welchem Nachdruck hier die Tatsache des Todes Jesu festgestellt
und gleichsam amtlich bestätigt wird. Pilatus zeigt sich zunächst ungläubig
und erstaunt, als er durch Joseph von Arimathia erfährt, Jesus sei bereits
gestorben. Er ruft persönlich den Centurio heran, befragt ihn und läßt sich
die Nachricht ausdrücklich bestätigen, ehe er den Leichnam, den „Kadaver“
(jtTcöpa), wie es mit einem starken Ausdruck heißt, dem Bittsteller frei-
gibt140. Man kann natürlich sagen, diese Nachricht sei weiter nichts als eben
„historisch“. Joseph könnte sie etwa den Frauen weitergegeben haben,
138 Vgl. Joh. Chrysost., hom. Joh. 85 (84), 4: öqö.g, Jtcög oüöejicd jtEpl dvacrxdaECog
ijösL xi aacpsg, aXV Coexo jxstd'&Ecnv YEYSvfjottai toi] crcopaxog xal djtkaaxcog
jtavxa ö.nayyk.X'kzi Tolg pafbjxaig; 6 öe EÜaYYAicmiS om artEOXEpriae xfiv
Ywaixa EYxcoptou xrRixoTjxou, oüöe ala/rmyv svopiaE xö Jtap5 aüxrjg auxodg
paüsi/v jtpoxsQov xaüxa öiavuxxs£>Ei)oijaT]g’ oüxco Jtavxaxoü xd cpAakiqüeg öia-
XdpjtEl XÖ3Y XQOJTCÜV.
139 Ich setze hierbei voraus, daß Lk. 24, 12 interpoliert ist. Die entgegengesetzten
Darlegungen R. Leaneys, The Resurrection Narratives in Luke (XXIV
12—53), New Test. Stud. 2 (1955/56) 11 Off., haben mich in keiner Weise über-
zeugt.
140 Mk. 15, 43—45.
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und Stelle davon überzeugt, daß ein Leichenraub gar nicht in Betracht
kommen konnte. Selbstverständlich hatten auch sie, hatte vor allem Maria
Magdalena angesichts des leeren Grabes zunächst einen derartigen Ver-
dacht geschöpft; sie gingen ihm nach, und Maria Magdalena wollte ihn
lange nicht fahren lassen138. Aber der unmittelbare Augenschein, d. h.
nicht nur die Lagerung der Grabtücher, sondern vor allem die Begegnung
mit der Person des Auferstandenen selbst, der an die Stelle des vermeint-
lichen Gärtners trat, mußte sie zuletzt überzeugen.
IIc.
Lenken wir nach diesem Umblick noch einmal zum Grundbericht des
Markusevangeliums zurück! Wir haben gesehen, wie die apologetische
Auseinandersetzung mit den jüdischen Verdächtigungen in fast allen an-
dern Evangelien, d. h. im Matthäusevangelium, im Hebräer- und Petrus-
evangelium und im Johannesevangelium, unübersehbare Spuren hinter-
lassen hat. Lukas ist der einzige Evangelist, der sich in seiner Darstellung
von solchen Rücksichten frei oder so gut wie frei gehalten hat139 und nur
den Schriftbeweis um so nachdrücklicher zur Stützung eines Glaubens her-
anholt, der sonst allein auf den Auferstehungsbegegnungen ruht. Sollte
die allgemeine apologetische Tendenz unter diesen Umständen nicht auch
bei Markus schon eine Rolle gespielt haben? Diese Frage erscheint auf alle
Fälle erlaubt.
An einer Stelle der Markuspassion ist schon bisher eine solche Mög-
lichkeit gelegentlich erwogen worden. Es erscheint einigermaßen auffal-
lend, mit welchem Nachdruck hier die Tatsache des Todes Jesu festgestellt
und gleichsam amtlich bestätigt wird. Pilatus zeigt sich zunächst ungläubig
und erstaunt, als er durch Joseph von Arimathia erfährt, Jesus sei bereits
gestorben. Er ruft persönlich den Centurio heran, befragt ihn und läßt sich
die Nachricht ausdrücklich bestätigen, ehe er den Leichnam, den „Kadaver“
(jtTcöpa), wie es mit einem starken Ausdruck heißt, dem Bittsteller frei-
gibt140. Man kann natürlich sagen, diese Nachricht sei weiter nichts als eben
„historisch“. Joseph könnte sie etwa den Frauen weitergegeben haben,
138 Vgl. Joh. Chrysost., hom. Joh. 85 (84), 4: öqö.g, Jtcög oüöejicd jtEpl dvacrxdaECog
ijösL xi aacpsg, aXV Coexo jxstd'&Ecnv YEYSvfjottai toi] crcopaxog xal djtkaaxcog
jtavxa ö.nayyk.X'kzi Tolg pafbjxaig; 6 öe EÜaYYAicmiS om artEOXEpriae xfiv
Ywaixa EYxcoptou xrRixoTjxou, oüöe ala/rmyv svopiaE xö Jtap5 aüxrjg auxodg
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139 Ich setze hierbei voraus, daß Lk. 24, 12 interpoliert ist. Die entgegengesetzten
Darlegungen R. Leaneys, The Resurrection Narratives in Luke (XXIV
12—53), New Test. Stud. 2 (1955/56) 11 Off., haben mich in keiner Weise über-
zeugt.
140 Mk. 15, 43—45.
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