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Hans Frhr. von Campenhausen
keit zu verschleiern, in der das Ende Jesu sich vollzog. Das letzte Abend-
mahl feiert er noch mit den Zwölfen70; in der Gethsemane-Szene sind nur
noch drei Jünger unmittelbar bei ihm71, und bei der Verhaftung mögen
sich noch einige weitere Pilger, die auf dem ölberg lagerten, um ihn ge-
drängt haben72. Aber dann verlassen sie ihn alle und fliehen73. Auch
Petrus wagt Jesus nur mit Abstand zu folgen, bis in den Hof des Hohen-
priesters hinein, und läßt ihn dann ebenfalls im Stich74. Von jetzt an ist
in seiner Umgebung kein Jünger mehr zu finden. Bei der Kreuztragung
durch Simon von Kyrene wird an dessen Söhne erinnert, die der Ge-
meinde später wohl angehört haben oder sonst bekannt geworden sind;
denn ihre Namen werden genannt75. Die Kreuzigung selbst wird nur „von
ferne“ durch einige Frauen beobachtet, die von Galiläa her mit Jesus
gezogen waren76. Die Beisetzung endlich erfolgt durch Joseph von Ari-
mathia, einen Mann, wie es scheint, der jerusalemischen Aristokratie,
der Jesus und seiner Bewegung mit Sympathie gegenüberstand, aber noch
nicht zu dessen eigentlichem Anhang gezählt wird77. Das ist alles.
Diese Darstellung ist durchaus vertrauenerweckend und glaubwürdig.
Für die Jünger war es nach der Wendung, die die Dinge seit der Ver-
haftung Jesu genommen hatten, nicht mehr ratsam, sich öffentlich zu zei-
gen und zu Jesus zu stellen. Man wird annehmen müssen, daß sie sich ver-
borgen hielten78. So hatte die Gemeinde für alles Geschehene später kein
70 Mk. 14, Uff. — 71 Mk. 14, 33.
72 Der Mk. 14, 51 erwähnte Jüngling läßt sich schwerlich mit einem der 14, 33
genannten Jünger oder sonst einem der Zwölfe identifizieren.
73 Mk. 14, 50.
74 Mk. 14, 53ff.
75 Mk. 15, 21; dazu Dibelius S. 183f.
76 Mk. 15, 40f.; dazu Finegan S. 77: „Das Zusammensein der Frauen mit Jesus
in Galiläa wird hier (V. 41a) berichtet, aber man kann sie nicht aus den Er-
zählungen von der galiläischen Wirksamkeit Jesu genommen haben, weil sie
dort niemals erwähnt werden. Erst Lukas (8, 2 . . .) hat sie dorthin gebracht.
Ps. 37, 12 (oi cpiloi pou. . . paxpoftev earr)aav) hat wohl die Wahl von paxpo-
üev bestimmt, aber diese Ps.-Stelle hätte nie Veranlassung geben können, nur
allein von Frauen zu sprechen. Daß die Frauen hier erscheinen, ist also nicht aus
Tendenz oder Erfindung zu erklären. Sie stehen unmotiviert als Gegebenes da.“
77 Mk. 15, 43. Schon Mt. 27, 57 (ög xal autög spafb]Teü{fr| trö Triaoü) sucht seine
Beziehung zu Jesus enger zu verstehen, und Lk. 23, 5Of. beginnt bereits die
legendarische Ausspinnung: der fromme und gerechte Mann hatte in den Rat
der jüdischen Hierarchen nicht .eingewilligt. Im Petrusevangelium 2, 3 ist er
zum cp'Aog neAatou xal toü xuplou geworden. Dagegen erscheint Act. 13, 29
die Grablegung als eine Handlung, die die Jesus feindlichen xatoixoüvteg
TepouaaA.f]|t xai oi apxovteg aütcov verübt haben. Hier fehlt noch jede Ver-
klärung, wie sie mit der wohlwollenden Zeichnung Josephs bei Markus
ihren Anfang nimmt; aber das gibt noch kein Recht, hinter der predigthaften
Wendung, die Lukas gebraucht, historische „Traditionen“ zu suchen: Grass
S. 179f.
78 Zu dieser Frage s. u. S. 44f.
Hans Frhr. von Campenhausen
keit zu verschleiern, in der das Ende Jesu sich vollzog. Das letzte Abend-
mahl feiert er noch mit den Zwölfen70; in der Gethsemane-Szene sind nur
noch drei Jünger unmittelbar bei ihm71, und bei der Verhaftung mögen
sich noch einige weitere Pilger, die auf dem ölberg lagerten, um ihn ge-
drängt haben72. Aber dann verlassen sie ihn alle und fliehen73. Auch
Petrus wagt Jesus nur mit Abstand zu folgen, bis in den Hof des Hohen-
priesters hinein, und läßt ihn dann ebenfalls im Stich74. Von jetzt an ist
in seiner Umgebung kein Jünger mehr zu finden. Bei der Kreuztragung
durch Simon von Kyrene wird an dessen Söhne erinnert, die der Ge-
meinde später wohl angehört haben oder sonst bekannt geworden sind;
denn ihre Namen werden genannt75. Die Kreuzigung selbst wird nur „von
ferne“ durch einige Frauen beobachtet, die von Galiläa her mit Jesus
gezogen waren76. Die Beisetzung endlich erfolgt durch Joseph von Ari-
mathia, einen Mann, wie es scheint, der jerusalemischen Aristokratie,
der Jesus und seiner Bewegung mit Sympathie gegenüberstand, aber noch
nicht zu dessen eigentlichem Anhang gezählt wird77. Das ist alles.
Diese Darstellung ist durchaus vertrauenerweckend und glaubwürdig.
Für die Jünger war es nach der Wendung, die die Dinge seit der Ver-
haftung Jesu genommen hatten, nicht mehr ratsam, sich öffentlich zu zei-
gen und zu Jesus zu stellen. Man wird annehmen müssen, daß sie sich ver-
borgen hielten78. So hatte die Gemeinde für alles Geschehene später kein
70 Mk. 14, Uff. — 71 Mk. 14, 33.
72 Der Mk. 14, 51 erwähnte Jüngling läßt sich schwerlich mit einem der 14, 33
genannten Jünger oder sonst einem der Zwölfe identifizieren.
73 Mk. 14, 50.
74 Mk. 14, 53ff.
75 Mk. 15, 21; dazu Dibelius S. 183f.
76 Mk. 15, 40f.; dazu Finegan S. 77: „Das Zusammensein der Frauen mit Jesus
in Galiläa wird hier (V. 41a) berichtet, aber man kann sie nicht aus den Er-
zählungen von der galiläischen Wirksamkeit Jesu genommen haben, weil sie
dort niemals erwähnt werden. Erst Lukas (8, 2 . . .) hat sie dorthin gebracht.
Ps. 37, 12 (oi cpiloi pou. . . paxpoftev earr)aav) hat wohl die Wahl von paxpo-
üev bestimmt, aber diese Ps.-Stelle hätte nie Veranlassung geben können, nur
allein von Frauen zu sprechen. Daß die Frauen hier erscheinen, ist also nicht aus
Tendenz oder Erfindung zu erklären. Sie stehen unmotiviert als Gegebenes da.“
77 Mk. 15, 43. Schon Mt. 27, 57 (ög xal autög spafb]Teü{fr| trö Triaoü) sucht seine
Beziehung zu Jesus enger zu verstehen, und Lk. 23, 5Of. beginnt bereits die
legendarische Ausspinnung: der fromme und gerechte Mann hatte in den Rat
der jüdischen Hierarchen nicht .eingewilligt. Im Petrusevangelium 2, 3 ist er
zum cp'Aog neAatou xal toü xuplou geworden. Dagegen erscheint Act. 13, 29
die Grablegung als eine Handlung, die die Jesus feindlichen xatoixoüvteg
TepouaaA.f]|t xai oi apxovteg aütcov verübt haben. Hier fehlt noch jede Ver-
klärung, wie sie mit der wohlwollenden Zeichnung Josephs bei Markus
ihren Anfang nimmt; aber das gibt noch kein Recht, hinter der predigthaften
Wendung, die Lukas gebraucht, historische „Traditionen“ zu suchen: Grass
S. 179f.
78 Zu dieser Frage s. u. S. 44f.