Der Ablauf der Oster er eigniss e und das leere Grab
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m. E. nur das, was Paulus berichtet. Markus ist, kritisch betrachtet, jedoch
gleichfalls eine wertvolle Quelle, und noch Lukas gibt als bewußter Histo-
riker immerhin Nachrichten und Anschauungen weiter, die nicht zu über-
sehen sind. Alle anderen Evangelien haben nur als Bestätigung oder Fort-
führung der älteren Berichte einen bescheidenen Wert204. Für den Ablauf
der Osterereignisse ergibt sich mir demnach folgendes:
1. Nach der Verhaftung und dem Tode Jesu blieben die Jünger zu-
nächst in Jerusalem (alle Evgl.), traten aber in der Öffentlichkeit nicht
mehr hervor (Mk., Mt.). Über ihre Stimmung sind wir nicht näher unter-
richtet; sie wird ratlos und niedergeschlagen, aber mit dem Geschehenen
noch keineswegs fertig geworden sein (Lk.).
2. Sehr bald, wahrscheinlich „am dritten Tage“, entdeckten Frauen des
Anhängerkreises Jesu, daß seine Grabstätte geöffnet und leer war (alle
Evgl.). Erscheinungen Jesu erfolgten hier zunächst nicht (Mk., Lk.).
3. Die Nachricht rief unter den Jüngern Unruhe hervor. Petrus vor
allem scheint das leere Grab als Unterpfand der erfolgten Auferstehung
verstanden und die andern in diesem Sinne beeinflußt zu haben (Lk.).
4. Die Jünger begaben sich daraufhin unter der Führung des Petrus
nach Galiläa (Mk., Mt., [Pt.]) in der Hoffnung, hier Jesus anzutreffen
(Mk., Mt.).
5. Es erfolgte zunächst eine Erscheinung vor Petrus allein (Pis., Lk.),
dann vor den „Zwölfen“ (Pis., alle Evgl.205), dann vor fünfhundert Brü-
dern (Pis.), dann vor Jakobus (Pis., Hb.) und dann vor „allen Aposteln“
(Pis.). Man wird sich diese Vorgänge am ehesten in rascher Folge ab-
laufend zu denken haben206. Doch ist es möglich, daß die letzte oder die
beiden letzten dieser Erscheinungen bereits in Jerusalem stattfanden. Hier
sind später jedenfalls Petrus, Jakobus, die „Zwölf“ und ein weiterer Kreis
von galiläischen Jüngern zu finden (Pis., Act.).
6. Viel später ist die letzte Erscheinung vor Paulus erfolgt, die in jeder
Hinsicht aus der Reihe fällt (Pis., Act.). Es ist nicht ausgeschlossen, daß in
der ersten Zeit noch weitere Auferstehungsbegegnungen erfolgt sind. Aber
alle diesbezüglichen Nachrichten sind im höchsten Grade zweifelhaft.
Rätselhaft bleibt in diesem ganzen Ablauf nur das, was ihn in Gang
gebracht hat: die Frage nach dem Verbleib des Leichnams Jesu. Es
gibt kein glaubwürdiges Augenzeugnis darüber, wie das Grab Jesu ge-
öffnet und der Leib selbst daraus verschwunden ist. Von Seite der Chri-
sten gibt es hier nur das Bekenntnis zur Auferstehung, das sich auf die
204 Diese Feststellung gilt natürlich nur für den uns hier beschäftigenden Fragen-
kreis.
205 Das ist für das Markus- und das Petrusevangelium allerdings nur — mit
Sicherheit — zu erschließen. Lk. setzt dabei heute (wie vielleicht auch Joh.)
einen etwas größeren, Pt. wahrscheinlich einen engeren Personenkreis voraus.
208 Vgl. o. Anm. 203.
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m. E. nur das, was Paulus berichtet. Markus ist, kritisch betrachtet, jedoch
gleichfalls eine wertvolle Quelle, und noch Lukas gibt als bewußter Histo-
riker immerhin Nachrichten und Anschauungen weiter, die nicht zu über-
sehen sind. Alle anderen Evangelien haben nur als Bestätigung oder Fort-
führung der älteren Berichte einen bescheidenen Wert204. Für den Ablauf
der Osterereignisse ergibt sich mir demnach folgendes:
1. Nach der Verhaftung und dem Tode Jesu blieben die Jünger zu-
nächst in Jerusalem (alle Evgl.), traten aber in der Öffentlichkeit nicht
mehr hervor (Mk., Mt.). Über ihre Stimmung sind wir nicht näher unter-
richtet; sie wird ratlos und niedergeschlagen, aber mit dem Geschehenen
noch keineswegs fertig geworden sein (Lk.).
2. Sehr bald, wahrscheinlich „am dritten Tage“, entdeckten Frauen des
Anhängerkreises Jesu, daß seine Grabstätte geöffnet und leer war (alle
Evgl.). Erscheinungen Jesu erfolgten hier zunächst nicht (Mk., Lk.).
3. Die Nachricht rief unter den Jüngern Unruhe hervor. Petrus vor
allem scheint das leere Grab als Unterpfand der erfolgten Auferstehung
verstanden und die andern in diesem Sinne beeinflußt zu haben (Lk.).
4. Die Jünger begaben sich daraufhin unter der Führung des Petrus
nach Galiläa (Mk., Mt., [Pt.]) in der Hoffnung, hier Jesus anzutreffen
(Mk., Mt.).
5. Es erfolgte zunächst eine Erscheinung vor Petrus allein (Pis., Lk.),
dann vor den „Zwölfen“ (Pis., alle Evgl.205), dann vor fünfhundert Brü-
dern (Pis.), dann vor Jakobus (Pis., Hb.) und dann vor „allen Aposteln“
(Pis.). Man wird sich diese Vorgänge am ehesten in rascher Folge ab-
laufend zu denken haben206. Doch ist es möglich, daß die letzte oder die
beiden letzten dieser Erscheinungen bereits in Jerusalem stattfanden. Hier
sind später jedenfalls Petrus, Jakobus, die „Zwölf“ und ein weiterer Kreis
von galiläischen Jüngern zu finden (Pis., Act.).
6. Viel später ist die letzte Erscheinung vor Paulus erfolgt, die in jeder
Hinsicht aus der Reihe fällt (Pis., Act.). Es ist nicht ausgeschlossen, daß in
der ersten Zeit noch weitere Auferstehungsbegegnungen erfolgt sind. Aber
alle diesbezüglichen Nachrichten sind im höchsten Grade zweifelhaft.
Rätselhaft bleibt in diesem ganzen Ablauf nur das, was ihn in Gang
gebracht hat: die Frage nach dem Verbleib des Leichnams Jesu. Es
gibt kein glaubwürdiges Augenzeugnis darüber, wie das Grab Jesu ge-
öffnet und der Leib selbst daraus verschwunden ist. Von Seite der Chri-
sten gibt es hier nur das Bekenntnis zur Auferstehung, das sich auf die
204 Diese Feststellung gilt natürlich nur für den uns hier beschäftigenden Fragen-
kreis.
205 Das ist für das Markus- und das Petrusevangelium allerdings nur — mit
Sicherheit — zu erschließen. Lk. setzt dabei heute (wie vielleicht auch Joh.)
einen etwas größeren, Pt. wahrscheinlich einen engeren Personenkreis voraus.
208 Vgl. o. Anm. 203.
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