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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1958, 2. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.42457#0054
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Hans Frhr. von Campenhausen

nachfolgenden Erscheinungen beruft, von Seite der Juden eine Reihe von
tendenziösen Berichten, die sich mit anderen Erklärungen dagegen stellen,
jedoch nirgends den Eindruck machen, auf positive Beobachtungen und
wirkliche, alte Nachrichten zurückzugehen. Die Angelegenheit bleibt also,
historisch betrachtet, dunkel. Dies heißt selbstverständlich nicht, daß sie
nur mit einem „Wunder“ erklärt werden könnte. Man kann, wie gesagt,
an eine nachträgliche Umbettung oder Verwechselung der Grabstätte, an
Leichenraub (nur nicht gerade durch die Jünger!), an ein böswilliges Vor-
gehen der Jesus-Gegner oder an irgendeinen beliebigen Zufall denken,
und, wenn man mag, kann man auch noch „naturwissenschaftlich“-theoso-
phische Hypothesen ins Feld führen — die Phantasie hat hier, bei dem
völligen Fehlen brauchbarer Nachrichten, ein ebenso weites wie unfrucht-
bares Feld. Wer anstatt dessen die leibliche Auferstehung annehmen
möchte, verläßt den Bereich des analogisch Verständlichen und damit den
Bereich jeder mit historischen Mitteln durchführbaren Diskussion. Doch
wird dies den, der an Jesu leibliche Auferstehung glaubt, nicht schrecken.
Da es sich hierbei in der Tat um ein in jedem Sinne einzigartiges Ereignis
handeln soll, mit dem der neue „Äon“ beginnt und an dem die alte Welt
mit ihren Gesetzen darum wirklich endet, erscheint die natürliche Unmög-
lichkeit, etwas Derartiges als „wahrscheinlich“ anzunehmen, eher geradezu
als notwendig und theologisch sozusagen „natürlich“. Schwierig ist die
Lage nur für den, der den Auferstehungsglauben ernst nehmen möchte,
die leibliche Auferstehung jedoch für überflüssig oder gar für unannehm-
bar hält. Ihm bleibt nur der einigermaßen peinliche Ausweg, in dem Be-
kenntnis zum Auferstandenen den alten Christen, in dem aber, was dies
Bekenntnis hervorgerufen hat, vielmehr den Juden zu folgen.
IV.
Eine weitere, systematisch-theologische Prüfung dieses Problems ge-
hört nicht in den Umkreis der vorliegenden Untersuchung. Doch sei es
zum Schluß gestattet, noch kurz die Frage zu streifen, in welchem Sinne
die hier gewonnenen historischen Ergebnisse als solche einer grundsätz-
lichen Beachtung überhaupt wert sein mögen. Es versteht sich von selbst,
daß man die trockenen geschichtlichen Daten, die wir ermitteln konnten,
keinesfalls als eine zureichende Wiedergabe dessen auffassen kann, was
die urchristliche Osterbotschaft einst ihrem Sinne und Gehalt nach ge-
wesen ist. Diese Botschaft ist nicht ohne ein entsprechendes deutendes Ver-
ständnis der Geschehnisse zu fassen und auch nicht ohne eine Entfaltung
der unmittelbar anredenden Gewalt, die sie darin gewonnen haben. So
begegnen die bloßen Daten im Neuen Testament selbst niemals in dieser
methodisch präparierten Nacktheit und Profanität. „Der Glaube kommt
aus der Predigt“ (Rm. 10, 17), die das Faktum und seine Deutung grund-
 
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