Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab
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sätzlich als unauflösliche, aktuelle Einheit begreift und so auch darbietet.
Die Glaubwürdigkeit der Botschaft ruht nicht auf rein historischen Be-
weisen, sondern einerseits auf der existentiellen Bewährung im Geist und
durch „mitfolgende Zeichen“, andererseits auf dem heilsgeschichtlichen
Erfüllungscharakter des verkündigten Geschehens, also dogmatisch ge-
redet: auf dem „Schriftbeweis“. Aber man darf die Geschichte darum doch
nicht etwa für bedeutungslos erklären. Sie gehört vielmehr notwendig in
das Zeugnis mit hinein, und dieses würde ohne sie seinen Sinn verlieren.
Die Auferstehung bleibt unbeschadet ihres aktuellen, Leben wirkenden
Sinns doch immer auch ein wirkliches Ereignis der geschichtlichen Ver-
gangenheit und wird als solches überliefert, verkündigt und geglaubt.
Ihre Verkündigung kann der historischen Frage also auch nicht ausweichen
und darf keinesfalls der historischen Prüfung entzogen werden207. Schon
die alten Evangelisten haben sich in ihren Osterberichten dementsprechend
verhalten. Sie haben in all ihrer Naivität und Unbeholfenheit die „kriti-
schen“ Bedenken, die sich meldeten, aufgenommen und, so gut es gehen
mochte, „historisch“ widerlegt. Auch Paulus hat das getan, so gewiß der
Glaube selbst für ihn nicht einfach „historisch“ zu begründen ist208.
Die neuere Zeit hat die ursprüngliche apologetische Situation mit dem
Aufkommen der methodischen Geschichtswissenschaft nun freilich ganz
erheblich verändert und die alte Aufgabe, den historischen Bedenken
standzuhalten, in völlig neuer Form gestellt. Die einfache Berufung auf
vermeintliche Wunder und einander widersprechende, wechselnde Legen-
den erweist sich als unbrauchbar, ja gerade sie ist es jetzt, die die Kritik
und den Zweifel herausfordert. Es ist daher hoffnungslos, diesen Beweis
noch einmal zu wiederholen oder pseudokritisch mit „wissenschaftlichen“
Mitteln sichern zu wollen. Ein Sacrificium intellectus ist, wo man dazu
207 Auch dann nicht, wenn diese sich heute nur in einer gewiß schwierigen, aber
unumgänglichen Abstraktion gegenüber dem in den Quellen gemeinten Sinn-
ganzen methodisch vollziehen kann. Es liegt auf der Hand, daß jeder solche
Versuch bei der Auferstehungsüberlieferung sehr bald an eine unübersteig-
bare Grenze stößt (o. S. 51f.). Aber es genügt, daß diese Grenze gesehen und
respektiert wird. Ein prinzipielles Verbot, über die Texte als solche hinaus-
zufragen und das Problem der hinter ihnen stehenden Geschehnisse als solches
kritisch zu stellen, würde Recht und Pflicht der historischen Arbeit von vorne-
herein abschneiden, und das wäre m. E. gerade in diesem Falle auch theolo-
gisch verhängnisvoll. Daran möchte ich auch gegenüber Karl Barths Bemer-
kungen, Dogmatik IV 2, S. 166f. entschieden festhalten. Vgl. zum Problem
auch C. H. Ratschow, Der angefochtene Glaube. Anfangs- und Grundpro-
bleme der Dogmatik (1957) 55f. 309f.
208 Dazu steht sein Versuch, die Auferstehungsmöglichkeit bis zu einem gewissen
Grade auch systematisch und „vernünftig“ zu klären, in innerer Parallelität;
vgl. R. Bultmann, Karl Barth: „Die Auferstehung der Toten“ (1926), in:
Glauben und Verstehen, Ges. Aufs. (1933) 38ff., besonders S. 51ff. Doch stre-
ben Bultmanns Erwägungen in eine andere Richtung.
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sätzlich als unauflösliche, aktuelle Einheit begreift und so auch darbietet.
Die Glaubwürdigkeit der Botschaft ruht nicht auf rein historischen Be-
weisen, sondern einerseits auf der existentiellen Bewährung im Geist und
durch „mitfolgende Zeichen“, andererseits auf dem heilsgeschichtlichen
Erfüllungscharakter des verkündigten Geschehens, also dogmatisch ge-
redet: auf dem „Schriftbeweis“. Aber man darf die Geschichte darum doch
nicht etwa für bedeutungslos erklären. Sie gehört vielmehr notwendig in
das Zeugnis mit hinein, und dieses würde ohne sie seinen Sinn verlieren.
Die Auferstehung bleibt unbeschadet ihres aktuellen, Leben wirkenden
Sinns doch immer auch ein wirkliches Ereignis der geschichtlichen Ver-
gangenheit und wird als solches überliefert, verkündigt und geglaubt.
Ihre Verkündigung kann der historischen Frage also auch nicht ausweichen
und darf keinesfalls der historischen Prüfung entzogen werden207. Schon
die alten Evangelisten haben sich in ihren Osterberichten dementsprechend
verhalten. Sie haben in all ihrer Naivität und Unbeholfenheit die „kriti-
schen“ Bedenken, die sich meldeten, aufgenommen und, so gut es gehen
mochte, „historisch“ widerlegt. Auch Paulus hat das getan, so gewiß der
Glaube selbst für ihn nicht einfach „historisch“ zu begründen ist208.
Die neuere Zeit hat die ursprüngliche apologetische Situation mit dem
Aufkommen der methodischen Geschichtswissenschaft nun freilich ganz
erheblich verändert und die alte Aufgabe, den historischen Bedenken
standzuhalten, in völlig neuer Form gestellt. Die einfache Berufung auf
vermeintliche Wunder und einander widersprechende, wechselnde Legen-
den erweist sich als unbrauchbar, ja gerade sie ist es jetzt, die die Kritik
und den Zweifel herausfordert. Es ist daher hoffnungslos, diesen Beweis
noch einmal zu wiederholen oder pseudokritisch mit „wissenschaftlichen“
Mitteln sichern zu wollen. Ein Sacrificium intellectus ist, wo man dazu
207 Auch dann nicht, wenn diese sich heute nur in einer gewiß schwierigen, aber
unumgänglichen Abstraktion gegenüber dem in den Quellen gemeinten Sinn-
ganzen methodisch vollziehen kann. Es liegt auf der Hand, daß jeder solche
Versuch bei der Auferstehungsüberlieferung sehr bald an eine unübersteig-
bare Grenze stößt (o. S. 51f.). Aber es genügt, daß diese Grenze gesehen und
respektiert wird. Ein prinzipielles Verbot, über die Texte als solche hinaus-
zufragen und das Problem der hinter ihnen stehenden Geschehnisse als solches
kritisch zu stellen, würde Recht und Pflicht der historischen Arbeit von vorne-
herein abschneiden, und das wäre m. E. gerade in diesem Falle auch theolo-
gisch verhängnisvoll. Daran möchte ich auch gegenüber Karl Barths Bemer-
kungen, Dogmatik IV 2, S. 166f. entschieden festhalten. Vgl. zum Problem
auch C. H. Ratschow, Der angefochtene Glaube. Anfangs- und Grundpro-
bleme der Dogmatik (1957) 55f. 309f.
208 Dazu steht sein Versuch, die Auferstehungsmöglichkeit bis zu einem gewissen
Grade auch systematisch und „vernünftig“ zu klären, in innerer Parallelität;
vgl. R. Bultmann, Karl Barth: „Die Auferstehung der Toten“ (1926), in:
Glauben und Verstehen, Ges. Aufs. (1933) 38ff., besonders S. 51ff. Doch stre-
ben Bultmanns Erwägungen in eine andere Richtung.