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Bornkamm, Günther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 2. Abhandlung): Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44191#0023
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Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes

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sich die Gründe erkennen lassen, die den Redaktor zu dieser Komposition
veranlaßten. Ich hoffe sie im weiteren noch aufzeigen und damit das
schwerste Bedenken gegen die Vier-Kapitel-Hypothese entkräften zu kön-
nen.
Ehe ich darauf eingehe, muß ich zuvor aber noch auf eine andere deut-
liche Bruchstelle unseres Briefes aufmerksam machen. Schon im zweiten
Kapitel nämlich, wo Paulus rückblickend von dem Zwischenbesuch, dem
Schmerzensbrief, der Entsendung des Titus und seinem eigenen Aufbruch
in großer Unruhe von Ephesus über Troas nach Mazedonien berichtet,
bricht die Erzählung jäh ab, um erst im 7. Kapitel (fast 7 Seiten des Nestle-
Textes später!) ebenso unvermittelt in der Erzählung fortzufahren. Kapitel
2, 13 heißt es: „Als ich aber zur Verkündigung des Evangeliums von
Christus nach Troas kam und mir eine Tür im Herrn aufgetan war, hatte
ich keine Ruhe in meinem Geist, weil ich meinen Bruder Titus nicht fand,
sondern ich nahm Abschied von ihnen und zog weiter nach Mazedonien.“
Und Kapitel 7: „Als wir nach Mazedonien gekommen waren, hat unser
Fleisch keine Ruhe gehabt, sondern (wir waren) in allem bedrängt - von
außen Kämpfe, von innen Ängste. Aber der die Gebeugten tröstet, Gott,
tröstete uns durch die Ankunft des Titus . . (es folgt die Kunde von der
ersehnten guten Nachricht, Worte über die dem Paulus nunmehr bestätigte
heilsame Wirkung seines Tränenbriefes, die Fürsprache für den Übel-
täter und weiteres über den Empfang und die Freude, die Titus in Korinth
erfahren hat). Alles das wohlgemerkt ohne eine an das Frühere anknüp-
fende, den abgebrochenen Erzählungszusammenhang wieder aufneh-
mende Wendung82. Dazwischen steht eine erste große Apologie des aposto-
lischen Amtes, 2, 14 unvermittelt einsetzend und 7, 4 ebenso klar zu einem
Ende gebracht, theologisch ohne Frage das bedeutendste Stück des Brief-
ganzen.
82 Die Bruchstelle ist längst bemerkt. Vgl. vor allem Joh. Weiss, Das Urchristen-
tum, 1917, S. 265. 272; A. Loisy, Les epitres de Paul, Rev. d’hist. et de lit.
rel., 1921, S. 213ff.; H. Windisch, a. a. O., S. 19f. 224f. „Diese Zerreißung
von so eng Zusammengehörigem ist unerhört und literarisch unerträglich; die
beiden Stellen 2, 13 und 7, 5 passen genau aufeinander wie die Bruchstellen
eines Ringes“ (so richtig Joh. Weiss, a. a. 0., 1917, S. 265). — An Versuchen,
den Übergang von 2, 13 auf 14 zu erklären, fehlt es natürlich nicht. Sie werden
der Härte des Bruches jedoch nicht gerecht. Z. B. H. D. Wendland, Die Briefe
an die Korinther, Das Neue Testament Deutsch, Bd. 7, 19464, S. 114: „Hier
. . . geht Paulus scheinbar ganz unvermittelt zu einem Lobpreise Gottes über,
der jedoch darin begründet ist, daß Paulus sich eben seine Erlebnisse in Troas
und Mazedonien vergegenwärtigt hat.“ Das ist falsch: 1) Hat Paulus in der
Unruhe seines Herzens gerade darauf verzichtet, die Möglichkeiten missionari-
schen Wirkens in Troas zu nutzen, und 2) ist von „Erlebnissen“ in Mazedonien
in 2, 12f. überhaupt nicht die Rede, sondern nur von dem besorgten, eiligen
Aufbruch dahin. Erst 7, 5ff. setzt den Bericht über den Aufenthalt in Mazedo-
nien fort. - Gegen die Interpolationshypothese macht H. Lietzmann S. 131 die
 
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