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Bornkamm, Günther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 2. Abhandlung): Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44191#0034
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Günther Bornkamm

Schluß oder Anhang dem Versöhnungs- und Freudenbrief zuzuweisen sein, zumal
der Apostel durch den jetzt ergehenden Aufruf zur Vollendung des Kollekten-
werkes die Echtheit der Liebe der Gemeinde auf die Probe stellen will121. Das
würde bedeuten, daß Titus auch der Überbringer des Versöhnungsbriefes war.
Möglich ist natürlich auch, daß er bald nach Absendung des Versöhnungsbriefes
ihm gefolgt ist und Kapitel 8 einen eigenen kurzen Empfehlungsbrief für Titus
und Gefährten (und ihren Auftrag) darstellt. Titus war ja mindestens dreimal
in Korinth: 1) bei dem ersten Anfang des Kollektenwerkes im Jahr zuvor, 2) an-
läßlich seines Befriedungsauftrages nach Ausbruch des Konfliktes, 3) zum Ab-
schluß der Kollekte122. Die Stelle 12, 18 braucht sich also keineswegs auf den
zweiten Besuch zu beziehen, sondern hier ist an den Aufenthalt des Titus ein Jahr
zuvor zu denken123. Daß 7, 14 voraussetzt, daß Titus zuvor noch nicht in Korinth
war, ist nicht richtig124. - Aber nun zu II Kor 9. Daß dieses Kapitel nicht ursprüng-
lich mit Kapitel 8 zusammengehört hat, ist schon aus den oben genannten Grün-
den ersichtlich. Auch ist hier nicht von dem vorbildlichen Eifer der Mazedonier
die Rede, sondern davon, daß Paulus diesen die bewiesene Bereitschaft der Ge-
meinden in Achaja rühmen konnte (9, 2). Weiterhin wird auf die Tätigkeit der
entsandten Brüder (also wohl Titus und seine Gefährten 8, 16-23) in 9, 5 aus-
drücklich verwiesen: sie sollen die früher schon begonnene Sammlung zu Ende
führen, ehe Paulus selbst mit einer Gemeindedelegation aus Mazedonien kommt.
Man ersieht daraus, daß Paulus seinen letzten Aufenthalt in Korinth nur kurz
bemessen will und zur Weiterreise nach Jerusalem - und seinen Aufbruch von
dort nach Rom und in die westliche Reichshälfte drängt125 *. II Kor 9 dürfte also
ein eigenes Schreiben sein, nach II Kor 8 abgefaßt und wahrscheinlich für die
übrigen Gemeinden in Achaja bestimmt128. Thema und zeitlicher Abfolge ent-
sprechend konnte der Sammler dem 9. Kapitel, dem letzten Stück der Korrespon-
denz mit den Korinthern überhaupt, nicht wohl einen besseren Platz zuweisen.
- Als einziges unpaulinisches Stüde wird man die abrupt einsetzende und den Zu-
sammenhang sprengende kurze apokalyptisdie Paränese 6, 14 - 7, 1 anzusehen
haben, für deren unpaulinische Terminologie und Gedanken jetzt die Qumran-
texte überraschendes Parallelenmaterial erbracht haben127. - Die Frage, zu wel-
chem Brief die Schlußverse 13, 11-13 ursprünglich gehört haben, ist nicht mit
Sicherheit zu entscheiden. Am besten wird man sie dem zugrunde gelegten Ver-
söhnungsbrief zuweisen, doch ist auch ihre Zugehörigkeit zu II Kor 10-13 keines-
wegs unmöglich.

121 Vgl. vor allem II Kor 8, 8.
122 Das ergibt sich aus II Kor 8, 6 und 2, 13; 7, 6f. 13f. Auf den ersten Aufenthalt
weist 8, 6 zurück (auch 9, 2); auf den Befriedungsauftrag bezieht sich 2, 13f.;
7, 6ff.; auf den Kollektenabsdiluß Kp 8.
123 II Kor 12, 18 kann nicht auf den Aufenthalt bezogen werden, „von dem er so
befriedigt zurückgekehrt ist“ (7, 13. 14), wie Lietzmann z. St. annimmt. Im
Gegenteil: solange solche Verdächtigungen möglich waren, wie sie 12, 17f.
ausgesprochen sind, konnte Titus schwerlich befriedigt zurückgekehrt sein. Da-
gegen läßt sich die Stelle ohne Schwierigkeit auf den 8, 6 erwähnten ersten
Aufenthalt beziehen.
124 Gegen Lietzmann-Kümmel, S. 208.
125 Vgl. Röm 15, 23ff. Daß dieser Plan verwirklicht worden ist, zeigt Apg 20, 2ff.
128 So II Kor 9, 2; vgl. 1, 2. Dazu Windisch S. 20f., 268ff.
127 Vgl. K. G. Kuhn, Die Schriftrollen vom Toten Meer, Ev. Theol. 11 (1951/52),
S. 74; ders., Les rouleaux de cuivre de Qumran, Revue Biblique 61 (1954),
S. 203 Anm. 1 und 2.
 
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