Metadaten

Hampe, Roland; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1967, 1. Abhandlung): Kult der Winde in Athen und Kreta — Heidelberg, 1967

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44211#0030
Lizenz: In Copyright
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
20

Roland Hampe

Schon lange hat man erkannt, daß die Opfer und Opferbräuche
für die Heroen und chthonischen Gottheiten denen für die Winde
gleichen49. Wenn also die Opferriten für die Heroen die nämlichen
waren wie die für die Winde, so wird man fragen dürfen, ob wir in
dem Bothros auf der Agora nicht ein Zeugnis für Windkult erhalten
haben. Im Innern und im Umkreis fanden sich verkohlte Knochen,
vermutlich von Schafen oder Ziegen, darunter zwei Reste von Zie-
genhörnern. Ziege und Lamm (caper et agna) wurden nach Horaz
(Ep. 10, 24) den Stürmen (tempestatibus) geopfert. In Athen opferte
man dem Typhös ein schwarzes Lamm50. Das würde gut passen, aber
allein noch nichts beweisen. Nun stand aber in Koroneia in Böotien
ein Altar der Winde auf der Agora (Paus. 9, 34, 2), und auch für
Athen ist ein Altar des Heudanemos auf der Agora ausdrücklich
bezeugt. Es ist die bekannte Stelle bei Arrian (An. 3, 16, 8), wo von
der Rückführung der Gruppe der Tyrannenmörder des Antenor
durch Alexander d. Gr. die Rede ist: „und sie (die Bildwerke) stehen
in Athen im Kerameikos, wo man zur Polis hinaufgeht (ή ανιμεν ές
πόλιν), und zwar gegenüber dem Metroon, nicht weit vom Altar des
Heudanemos; wer sich bei den Göttinnen von Eleusis einweihen läßt,
kennt den Altar der Heudanemoi, der sich auf dem Boden befindet
(οίδε τόνΕύδανέμων βωμόν επί του δαπέδου όντα)“51. Gemeint ist also der
Marktplatz auf der dem Metroon gegenüberliegenden Seite; mit
dem Weg wird die Panathenäenstraße gemeint sein, mit Polis — wie
in anderen Texten - die Akropolis. Bei έν Έλευσΐνι, im überlieferten
Text vermutete Loeschke52 eine Verschreibung für έν Έλευσινίω. Ge-
meint wäre dann das dicht bei der Agora gelegene Eleusinion έν
αστει, das die amerikanischen Ausgräber freigelegt (hier Taf. I Nr.
12) und identifiziert haben53. Das würde auch zu ανιμεν gut passen,
weil der Weg zum Eleusinion ansteigt. Dies um so mehr, als nicht
nur in Eleusis, sondern offenbar auch im Eleusinion in der Stadt
Weihungen vollzogen wurden54.
Darf der Altar des Heudanemos (oder der Heudanemoi) etwa an
der merkwürdigen Kultstätte angenommen werden, die wir hier
besprochen haben? Sie liegt nicht weit von der Stelle, wo die Aus-
gräber der Agora mit guten Gründen glauben, das Fundament der

49 Stengel 1881, 349. 50 Arist., Ran. 847.
51 Vgl. R. E. Wydherley, Agora III, Lit. and Epigr. Testimonia S. 94 Nr. 260.
52 Enneakrunosperiode 15; vgl. Toepffer, Att. Gen. lllff.
53 Agora, Guide 1962, 92ff. 213 mit Lit., Plan Nr. 45.
54 Vgl. IG. I2, 6 Z. 128/9 (vor 460 v. Chr.); Wycherley a. O. 78 Nr. 205.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften