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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1968, 3. Abhandlung): Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie Tusculanen V 5: vorgetragen am 16. Dez. 1967 — Heidelberg, 1968

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https://doi.org/10.11588/diglit.44216#0017
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Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie

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aufmerksam geworden zu sein, den erst 0. Weinreich hier eingereiht
hat. Die den Inhalt beleuchtenden Vorstufen und „Parallelen für
das Gemeinschaft stiftende und so die Kulturentwicklung ermög-
lichende Walten der Philosophie“ hat man längst gesammelt; es han-
delt sich „um einen alten, wohl griechischen Kompendien der Rhe-
torik“ entnommenen Topos, „wie man aus De inv. I 2 mit Recht ge-
schlossen hat“8.
Nun folgt also das Gebet B, das die Gi-Anapher der Aretalogie
variierend weiterführt und dadurch wie durch die Tradition des
Hymnenstils9 mit dem vorangehenden Teil A eng verbunden ist,
während wie wir später sehen werden die hier einsetzende Wirform
es andrerseits sehr kunstvoll und wohlberechnet mit dem folgenden
nur von der Rhetorik her sich erschließenden Endabschnitt G des
Ganzen verklammert. Aber gerade als hymnisches Gebet erfordert
es zunächst eine Interpretation, die ihm bisher noch nicht zuteilge-
worden ist. So scheint man vor allem gar nicht beachtet zu haben, daß
es sich bei dem Gebet nicht wie sonst häufig um eine Herbeirufung
der Gottheit handelt10, sondern vielmehr um das Verlangen eines
Zuflucht suchenden Schutzflehenden nach Hilfe und Sicherheit11. Als
8 Vgl. 0. Weinreich 1922, 505, der „hellenistische ε’ισαγωγή-Topik“ feststellt,
und besonders jetzt Wolfg. Schmid, a. 0. 154 (daraus unsere Zitate im Text)
u. 31 m. Anm. 50 (an beiden Stellen mit weiterer Literatur). Neben der Partie
aus De inv. vgl. Cicero, De or. I 33. Horaz, a. p. 396 ff. Seneca, Epist. 90, 5 ff.
(wo Poseidonios als Quelle zitiert wird)? Weiteres bei Kiessling-Heinze zu
a. p. 396. Als „eindeutig poseidonisch“ bezeichnet den Topos jetzt B. Gatz,
Weltalter, goldene Zeit und sinnverwandte Vorstellungen 1967, S. 157. G. v.
Rad vergleicht auch die (Selbst-)Verherrlichung der Sapientia Proverb. c. 8 u.
9, bes. 8, 12 ff. 22 ff. und verweist überhaupt auf den letzten Endes orientalisch-
ägyptischen Ursprung einer Vergöttlichung der 'Weisheit’ (mündlicher Hinweis
in der Diskussion des Vortrags); vgl. dazu G. v. Rad, RGG 3VI 288, H. Gese,
ebda. 1578 f. Humbert RGG 2(1931) 1800 ff. - Boethius’ Philosophiae consolatio
hat Ciceros Tusculanen nicht benützt, aber vielleicht an einer einzigen Stelle
(I pr. 3, Z. 6 p. 5 Bieler) gerade diese Partie unseres Hymnus (tu magistra morum
et disciplinae fuisti) doch im Auge gehabt, indem er die Göttin mit o omnium
magistra virtutum anruft; s. dazu P. Courcelle, La consolation de philosophie
dans la tradition litteraire . . . 1967, S. 584, u. vgl. S. 333 f.
9 R. Wünsch, RE IX 144 f. mit weiterer Literatur.
10 Prototyp bei Sappho fr. 2 LP (= 5/6 D.); Horaz c. I 30, etc.
11 Diese Sonderart des Gebets ist in der bisherigen Literatur stark vernachlässigt;
so ist z. B. auch C. Ausfeld, a. O. 537 ff. in seinem Abschnitt über 'preces ipsae’
für unseren Zweck nicht sonderlich hilfreich. Dasselbe gilt von der als Material-
sammlung sonst so brauchbaren Arbeit von G. Appel, De Romanorum precatio-
nibus 1909 (RGW VII 2). Der Grund für diesen Mangel mag darin liegen,
daß auch der Rhetor Menander (in seiner Schrift περί επιδεικτικών in L. Spen-
 
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