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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1968, 3. Abhandlung): Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie Tusculanen V 5: vorgetragen am 16. Dez. 1967 — Heidelberg, 1968

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https://doi.org/10.11588/diglit.44216#0033
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Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie

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αδικίαν δέ καί υβριν εχοντα (wie Platon selber hinzufügt), also 'das
Ziel jeglicher Glückseligkeit nun sei es, im Besitz von alledem un-
sterblich zu sein . . . . aber eben (wie Platon anmerkt) belastet
mit Unrecht und Frevel’15.
Da der Zusammenhang der Stelle nicht unkompliziert ist, und da
bei näherem Zusehen auch für Ciceros peccans immortalitas eine
recht konkrete Interpretation aus dem platonischen Passus entspringt,
so können wir es uns nicht ersparen, auf die ganze Partie näher einzu-
gehen. Dabei wird sich vor allem ergeben, was unter der immortali-
tas (dem αθάνατον είναι Platons, das dieser eingehend erläutert und
selber dabei mit αθανασία paraphrasiert) in genauem Sinne zu ver-
stehen ist.
Doch um von vornherein den Schock aufzufangen, der manchen
Betrachter des Hymnus durch die Brille der bisher gängigen Inter-
pretation vielleicht ankommen möchte, wenn er hier auf einmal ein
Wandeln Ciceros auf Platons Spuren glaubhaft finden soll, sei zu-
vor noch auf weitere Indizien hingewiesen, die in die gleiche Richtung
zeigen16. Einmal haben wir bereits17 eine Stelle aus dem platonischen
Theaitetos (168 A äff.) anführen können, die es nach ihrem Gesamt-
tenor wie durch detailliertes Formelgut nicht unmöglich scheinen
läßt, daß Cicero eine Hauptanregung zur Stilisierung des Hymnus
als Zeugnis seiner 'Konversion’ zur Philosophie von dort her, also
von Platon, erhalten haben mag. Zum anderen sei eine weitere

15 Dies ist übrigens nur eine der Formulierungen Platons; weitere vergleichbare
schließen sich im nämlichen Kontext an, von denen nachher zu reden sein wird.
16 Die Platonstellen, die schon Rafael Kühner in seiner Jugendschrift De Cicero-
nis in philosophiam meritis, 1825, S. 115 f. und wieder in den verschiedenen
Auflagen seines Tusculanenkommentars als Anregung und Ausgangspunkt für
den Hymnus an die Philosophie vermutet hat, gehen über allgemeinste Ver-
gleichbarkeit nicht hinaus und halten somit einer Nebeneinanderstellung mit
Cicero nicht stand. Es sind dies Staat V 475 Bff. VI 484 B ff. Theait. 146 Aff.
(Zitate von R. Kühner durchwegs nach der Ed. Bipont. gegeben und von uns
übertragen). So hat sich denn bereits Μ. Bauereisen bei Fr. Heiler, Das Gebet,
51923, S. 573 (Nachtr. zu S. 215) skeptisch geäußert, freilich ohne die Zitate um-
zusetzen und nachzuprüfen, vielmehr mit der völlig unzutreffenden Begründung,
dem Cicero sei eine solche genaue Kenntnis und Benützung Platons überhaupt
kaum zuzutrauen (!). Zum Cicero Platonicus vgl. übrigens R. Philippson RE
VII A (1948) Sp. 1186ff. u. ö. Nicht zu vergessen ist, daß Cicero in seinem
Tusculum eine Platonstatue aufgestellt hatte (Brutus 24, vgl. dazu W. Drumann
u. P. Groebe, Geschichte Roms . . . Bd. 6: Μ. Tullius Cicero, 21929, S. 338 m.
Anm. 4).
17 Oben S. 14 f.
 
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