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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1968, 3. Abhandlung): Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie Tusculanen V 5: vorgetragen am 16. Dez. 1967 — Heidelberg, 1968

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https://doi.org/10.11588/diglit.44216#0042
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Hildebrecht Hommel

κάκιστα σύμπαντα23. Nocheinmal zählt er (im Anschluß an das Skolion)
einige dieser Güter auf, fügt als neues, bisher nicht genanntes τό
παράπαν ζην hinzu und wiederholt in einprägsamer Weise, daß sie
für ihren Besitzer, wenn er nicht zugleich δικαιοσύνης τε και αρετής
άπάσης teilhaftig sei, vielmehr ein μέγιστον κακόν darstellten, selbst
wenn man ihn als einen τον σύμπαντα χρόνον άθάνατον όντα betrachten
dürfe, wobei er einschränkend hinzufügt, dieses κακόν verringere sich
allerdings, wenn der Betreffende nur „eine möglichst geringe Zeit
noch weiterlebe“ (661 B 4 - C 5). Dieses merkwürdige αν ώς όλίγιστον
ό τοιοΰτος χρόνον έπιζώη kann dem ganzen Zusammenhang nach, so
rätselhaft es zunächst scheinen mag, nur das vorangehende τον
σύμπαντα χρόνον άθάνατοτ' όντα modifizieren, d. h. mildern wollen.
Wenn wir fragen, was ist das für ein „Unsterblichsein“, das auf eine
möglichst kurze Zeit des Weiterlebens eingeschränkt werden kann,
so hilft uns die Beobachtung weiter, daß es schon bei seiner ersten
Erwähnung (661 B 3 f.) klar mit dem Besitz irdischer Güter gekoppelt
erschien und dazu in einem ganz bestimmten möglichst zu beschleuni-
genden Zeitpunkt eintretend gedacht war (αθάνατον . . . γενόμενον
δτι τάχιστα), worauf natürlich wieder das ώς όλίγιστον · . . χρόνον
έπιζορη klaren Bezug nimmt. Dieses άθάνατον είναι ist also für Platon
(wenn es nicht im Leben des Betreffenden mit δικαιοσύνη, όσιότης und
αρετή άπασα einhergeht) selbst bei noch so frühzeitigem Eintreten ein
κακόν, das sich lediglich verringert, wenn der αθάνατος ών so kurz
wie möglich in solcher Eigenschaft „weiterlebt“. Wichtig scheint
auch noch die Zufügung (661 C 5 ff.), daß gerade die Dichter es sind,
die solcher Stellungnahme beizupflichten überredet, ja gezwungen
werden sollen. Einen weiteren und, wie ich meine, den entscheiden-
den Hinweis gibt dann die Schlußwendung (661 D 6 ff., E 1), wo nach
einer nochmaligen Aufzählung einiger der vorher mehrfach erwähn-
ten sogenannten Güter, das μετ’ αθανασίας - mindestens der Wort-
stellung nach - lediglich der ανδρεία zugefügt ist24, indem abschließend
betont wird, dies alles berge nicht Glück, sondern Elend, wenn es mit
23 Es mag daran erinnert werden - ob sich nun Platon dessen bewußt gewesen ist
oder nicht -, daß schon die Priamel der Delischen Inschrift (vgl. ob. S. 35,
Anm. 16) das 'Gerechteste’ als κάλλιστον neben und über die Gesundheit als
λωστον gesetzt hat; s. dazu U. Sci-imid, Die Priamel . . . 105 ff. 155.
24 Will man, was grammatisch möglich ist, ίσχύν διαφέρουσαν και ανδρείαν μετ’
αθανασίας zusammennehmen, so macht das insofern kaum einen Unterschied,
weil man auch mit Ισχύς plus ανδρεία im Bereich des Tyrtaioszitates bleibt
(Tyrt. 9, v. 2-4 und v. 9, 13, 20, 43, um nur die Hauptstellen zu nennen).
 
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