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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1968, 3. Abhandlung): Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie Tusculanen V 5: vorgetragen am 16. Dez. 1967 — Heidelberg, 1968

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https://doi.org/10.11588/diglit.44216#0047
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Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie

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Verlangens nach der so fragwürdigen zeitlichen "Unsterblichkeit’
des Ruhmes zu treten. Und daher - Cicero nimmt hier den durch
eine solche Konversion erreichten Zustand bereits preisend vorweg
— darf die Philosophie auch weiterhin dem Schwergeprüften als Hel-
ferin dienen; denn sie hat ihm nach all dem vergeblichen Hasten und
Jagen nach irdischem Ruhm „die Ruhe des Lebens beschert“ und -
dies wohl im Blick auf den Verlust der geliebten Tochter gesprochen
- „den Schrecken des Todes hinweggenommen“.
Manche Züge dieses Bildes konnten schon bisher näherem Zu-
sehen sich erschließen; die Entschlüsselung der dunklen Sentenz, des
απόφθεγμα αινιγματώδες, hat uns die Erkenntnis hinzugewonnen, daß
Cicero sich in der Hinwendung zur Philosophie auch über die Ver-
geblichkeit, ja Verwerflichkeit des Ruhmstrebens klar geworden ist,
das ihn lebenslang in die Irre geführt hat, wie er jetzt weiß4. Daß
wir dadurch mitten in die Problematik des gerade in seinem Ver-
langen nach voller Anerkennung als Politiker gescheiterten Cicero
geführt sind, darüber scheint kein Zweifel möglich zu sein41.
Es bleibt uns jetzt nur noch die Aufgabe, das platonische Vorbild
der von Cicero formulierten Sentenz mit deren anderen, längst be-
kannten und formal ihr offensichtlich näherstehenden Parallelen
zu konfrontieren, wie wir sie früher bereits kurz registriert hatten5.
Abgesehen von der fatalen, bisher einer Erklärung widerstrebenden,
jetzt als platonisch nachgewiesenen und von Platon her verstehbaren
peccans immortalitas, schienen sie alle dem Vergleich mit Ciceros
Gnome einigermaßen standzuhalten. Die Frage ist, wie die plato-
nische Anregung hier einzuordnen wäre, und ob sich nun ein einiger-
maßen überzeugendes Bild der Verwandtschafts Verhältnisse sämt-
licher Zeugnisse (einschließlich des platonischen) gewinnen läßt.
Wolfgang Schmid hat in der Genesis der in Ciceros Sentenz vor-
liegenden Formel zwei Typen unterschieden, einen einfachen und
einen komplizierteren, die er als Formeltypus I und II bezeichnet
4 Noch Tuscul. III 3 gg. E. hatte sich Cicero positiver über den Ruhm ausgelassen.
Dazu und zu anderen vergleichbaren Stellen s. L. Alfonsi, Wiener Studien 80.
1967, S. 147. 153. Im Jahr 44 hat Cicero noch 2 Bücher De gloria verfaßt, die
uns nicht erhalten sind; s. R. Philippson, RE VII A (1948), Sp. 1167 f.
4a Ciceros zwiespältiges Verhältnis zum Ruhm ist ein weites und vielbeackertes
Feld; s. darüber die treffliche Zusammenfassung von G. B. Philipp, Zur Proble-
matik des römischen Ruhmgedankens. In: Gymnasium 62. 1955, S. 51 ff., über
Cicero S. 66-70 und 76-78 mit der neueren Literatur und ihren Kontroversen
(frdlr. Hinweis von Jörg Dietrich).
5 Oben S. 27.
 
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