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Senger, Hans-Gerhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1972, 5. Abhandlung): Zur Überlieferung der Werke des Nikolaus von Kues im Mittelalter: Mitteilungen und Untersuchungen über neue Cusanus-Handschriften ; vorgelegt am 13. Mai 1972 — Heidelberg, 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.44316#0022
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Hans Gerhard Senger

1. Angefertigt wurde der Text am 25. März 14597, dem Tag, auf den
Ostersonntag und das »Fest der Verkündigung« (Mariae Verkündi-
gung) zugleich fielen. Die Pontifikatsangabe (»im ersten Pontifikats-
jahr Pius II.«) stimmt mit der Jahresdatierung überein. Aeneas Sil-
vius Piccolomini, Freund des Nikolaus seit dem Basler Konzil, war
am 19. August 1458 zum Papst gewählt worden. Die kurze Schrift,
8 hs. Seiten, konnte sehr wohl an einem Tag von einem Schreiber ko-
piert werden.
2. Der Schreiber fertigte die Kopie an jenem 25. März 1459 in Man-
tua an. Die erste Angabe, »Rom bei St. Laurentius vor den Mauern«,
ist falsch und wurde deshalb vom Kopisten getilgt. Das delendum wur-
de aber weder mit Durchstreichung noch durch Expunktion unter dem
Text angezeigt, sondern durch ein über den zu tilgenden Text gesetz-
tes, auseinandergetrenntes va . . . cat. Die Ortsangabe Mantua blieb
stehen.
Wie ist die erste, jedoch als falsch deklarierte Ortsangabe zu ver-
stehen? Ich kann mir das nur so erklären, daß der Schreiber gewohn-
heitsgemäß die ihm vertraute Ortsangabe machte und ihm erst dann
bewußt wurde, daß er sich nicht am gewohnten, sondern an einem an-
deren Ort aufhielt. Unter dieser Voraussetzung ergeben sich für die
Identifizierung des Schreibers wichtige Angaben:
a) Der Abschreiber hatte sich wohl seit längerem in Rom bei der Kirche
S. Lorenzo fuori delle mure, einer der fünf römischen Patriarchalbasi-
liken8, aufgehalten; diese Vermutung wird durch die Tatsache bekräf-
tigt, daß sich der Schreiber 1462 wieder in Rom aufhält, wie unten zu
zeigen ist (s. S. 21);
b) er kann erst kurz zuvor nach dem für ihn noch ungewohnten Ort
gekommen sein. Möglicherweise steht sein Aufenthalt in Mantua di-
rekt oder indirekt in Zusammenhang mit dem im selben Jahr stattfin-
denden Fürstentag zu Mantua in Beziehung. Pius II. hatte diesen Für-
stentag vornehmlich zu dem Zweck einberufen, den bereits in Serbien
siegreich vordringenden Türken ein wirkungsvolles Kreuzfahrerheer
entgegenzustellen, ein Plan, den er von seinem Vorgänger Calixt III.
übernommen hatte. Die Fürstenversammlung war bereits am 15. Okto-
ber 1458 auf den 1. Juni 1459 ausgeschrieben worden. Pius II. reiste
7 Nach Angabe des Hs.-Bearbeiters hat G. Piccard die Hs. (vermutlich) zwischen
1452 und 1457 datiert. Wenigstens für unseren Teil kann sie aber gesichert auf
1459 datiert werden.
8 Vgl. C. Huelsen, Le chiese di Roma nel Medio Evo, Firenze 1927.
 
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