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Senger, Hans-Gerhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1972, 5. Abhandlung): Zur Überlieferung der Werke des Nikolaus von Kues im Mittelalter: Mitteilungen und Untersuchungen über neue Cusanus-Handschriften ; vorgelegt am 13. Mai 1972 — Heidelberg, 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.44316#0034
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Hans Gerhard Senger

XVIII (VII) wird Nikolaus auch in einer einige Jahre später gehaltenen
Predigt (1439) gemacht haben.24 Das entnehmen wir der knappen,
stichwortartigen Skizzierung des Predigtschlusses, derzufolge die Welt
bis auf Christus an Heiligkeit zunahm, nach dessen Geburt bis zum
Erscheinen des Antichrist ein Anwachsen des Übels festzustellen ist.
Auch hier (n. 20 f.) wird der Brief des Augustinus an Hesychios er-
wähnt.
Coniectura de ultimis diebus
Den Höhepunkt cusanischer Endzeitspekulation haben wir in das
Jahr 1446 mit Erscheinen des kleinen, aber präzisen Werks Mutma-
ßung über die letzten Tage zu setzen. Inhaltlich ist das meiste schon in
SermoXXIIl (nach Koch = Sermo XVII) vorweggenommen. Wir finden
die geschichtstheologische Betrachtung des Weltverlaufs wieder, gemäß
der die Lebensjahre Christi als exemplarisches Vorbild des Weltver-
laufs gesehen werden (n. 124-126). Die Zeit wird nach Siebener-Ein-
heiten gerechnet: sieben Tage, sieben Jahre, sieben mal sieben Jahre,
die eine 50er-Periode ergeben. Das 50. Jahr ist jeweils ein Jubeljahr
oder ein Sabbathjahr, wie der siebte Wochentag Zeit der Ruhe und Er-
lösung. Die Bedeutung der Sieben als periodisierende Zeiteinheit in
Verbindung mit der Sabbath-Deutung war gleichfalls, das blieb bisher
unerwähnt, schon in Sermo XXIII (— XVII) n. 12 ausgeführt worden.
Ein Herrenjahr steht für 50 Weltjahre (n. 127). Zur Zeit der Nieder-
schrift des Traktats bleiben noch mehr als 250 Jahre bis zum Weitende
übrig. Wiederum wird die Ankunft des Antichrist vor dem Weitende
verkündet (n. 130). Die Vermutungen über das Weitende kann ein
Mitteilung in De conc. cath. I 12 n. 53,7-9 kurz zuvor in einem Libellus de in-
quisitione veri et boni, der bisher jedoch nirgends aufgefunden werden konnte,
vorgenommen haben soll, paßt allerdings nicht in den Rahmen cusanischer
Endzeitberechnungen. Wegen der Unsicherheit, die über die Echtheit des Libellus
besteht (vgl. meinen Aufsatz Zur Frage nach einer philosophischen Ethik des
NvK, Wissenschaft und Weisheit 33 (1970) H. 2, S. 21), wird diese Datumsbe-
rechnung hier nicht weiter verfolgt. Bei der Prüfung der Echtheitsfrage des Li-
bellus muß man berücksichtigen, daß der Hinweis auf dieses Werk in De conc.
cath. erst nachträglich durch Marginalzusatz in den Hss. Ba und Tr in die Text-
überlieferung Eingang fand.
24 Sermo XXI (nach Koch = Sermo XV): Intrantes domum invenerunt puerum;
Cod. Cus. 220 fol. 24v; Cod. Vat. lat. 1244 fol. 9™~b.
 
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