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Henrich, Dieter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1976, 1. Abhandlung): Identität und Objektivität: eine Untersuchung über Kants transzendentale Deduktion ; vorgetragen am 9. November 1974 — Heidelberg: Winter, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45458#0048
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Dieter Henrich

finden wollen: <Dort — ein Grün> oder <Am linken Rand — ein Hell>.
Für den Fall solcher Sätze ist es offenkundig, daß in ihnen eigentliche
Subjektausdrücke nicht auftreten.
(c) Prädikate, die für Qualia gelten, charakterisieren sie per defini-
tionem erschöpfend. Sie sind mit anderen Prädizierungen auf der
gleichen Stufe unvereinbar. Nun gibt es auch unter den Prädikaten,
welche in normalen Subjekt-Objektsätzen verwendet werden, solche,
die Exklusivität für sich beanspruchen, und zwar diejenigen, mittels
deren Einzelne natürlichen Arten zugeordnet werden. Wenn ein Hund
als Pudel richtig beschrieben wird, so ist damit nicht nur ausgeschlos-
sen, daß er auch als Terrrier charakterisiert werden kann. Das ergibt
sich schon daraus, daß diese beiden Prädikate unvereinbar sind. Es ist
des weiteren aber auch ausgeschlossen, daß er mit irgendeinem anderen
Ausdruck charakterisiert werden kann, der dem Ausdruck <Pudel>
gleichgeordnet ist. Denn jedes Einzelne, vor allem jedes Lebewesen,
kann nur einer natürlichen Art angehören. Daß es solche Arten gibt,
ist nun keine Annahme, welche in die Theorie logischer Formen gehört;
und überdies ist es nicht erlaubt, sie mit dem Anspruch auf ontologische
Allgemeinheit zu machen, so als ob alles Einzelne natürlichen Arten
müsse zugeordnet werden können. Die elementaren Aussagen über
Qualia haben aber einen Status, der Aussagen über sie unter Regeln
stellt, welche streng die Bedingungen erfüllen, welche für natürliche
Arten als Prädikate gelten. Von einem Quäle kann in Wahrheit
niemals gesagt werden, daß es grün sei. Die eigentlich angemessene
Aussage muß feststellen, daß es <Ein Grün> ist. Hat nämlich ein
Einzelnes nur einen Charakter, so weist es eben deshalb nichts auf,
an dem sich ein Charakter finden lassen könnte. Was von ihm
gesagt wird, das eben macht das aus, was es ist, so daß zu weiteren
Zusprechungen kein Raum offen bleibt. Daraus folgt, daß der Unter-
schied zwischen Prädikaten mit dem unbestimmten Artikel <ein>
und anderen Prädizierungen in Beziehung auf Qualia nicht gemacht
werden kann. Qualia lassen den Unterschied zwischen wesentlichen
Charakterisierungen und Feststellungen von anderen Eigenschaften
nicht zu. Alle Prädikate, die auf sie angewendet werden können,
müssen implizit oder explizit mit dem Pronomen <ein> Zusammen-
gehen. Für Prädikate in der normalen Verwendungsform der
Subjekt-Prädikatform gilt aber offenkundig eine solche Einschränkung
nicht. Der paradigmatische Fall einer solchen Prädizierung ist viel-
mehr der, in dem einem seiner Art nach implizit schon bestimmten
 
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