Identität und Objektivität
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aus erzwingt. Man kann auch annehmen, daß diese Aussageform
ursprünglich in den Zusammenhang formaler Operationen gehört und
daß sie zu Aussagen über Einzelnes sozusagen nur benutzt wird, weil
Einzelnes aus anderen Gründen als Objekt anzusprechen ist und somit
komplexe Charakterisierungen verlangt13. In einem solchen Falle
wäre zwar von der Urteilsform her die Beziehung auf komplexe
Objekte nicht zu verstehen. Die Unausweichlichkeit dieser Beziehung
würde aber dennoch aus den Implikationen einleuchten, welche diese
Form bei der Verwendung in Aussagen über Einzelnes hat.
So ist also in der elementaren Urteilsform ein <Zusammennehmen>
von noch ganz anderer Art als in dem Synthesismodell des Urteils
vorausgesetzt, das Platons Gedanken von Synthesis aufgenommen
hatte. Nicht nur die Komposition von Subjekt und Prädikat, sondern
der Gedanke vom Subjekt selbst schließt den Gedanken der Pluralität
in Einem ein. Die Synthesis, von der Platon sprach, kann die zwischen
einem nominalisierten Prädikat und einer Bestimmung sein, die es
klassifiziert. Die Vielheit von Charakteren, die jedem Objekt eines
elementaren Satzes über Einzelnes zugestanden sind, ist aber die von
Prädizierungen auf ein-und-derselben Stufe. Die Bestimmungen, unter
deren Mithilfe das vom Subjektausdruck gemeinte Einzelne thema-
tisiert werden kann, sind grundsätzlich Alternativen zu dem Prädikat,
das diesem Einzelnen an der Prädikatstelle zugesprochen wird, —
Alternativen für die aktuelle Prädizierung im selben elementaren Satz,
also auch mit dem aktuellen Prädikat in einer Konjunktion auf glei-
cher Stufe zu verbinden. Sokrates ist nicht dadurch als Einzelnes
gedacht, daß er als Mann, als Mensch und als Lebewesen bestimmt
wird, — ebensowenig wie ein Nässegefühl dadurch zu einem kom-
plexen Einzelnen wird, daß es als taktuelle Empfindung und als
Nahempfindung zu klassifizieren ist. In diesen Klassifizierungen ist
er als komplexes Einzelnes vielmehr schon vorausgesetzt. Einzelnes
ist er aber, sofern er weise, stupsnasig und trinkfest ist und Unzähliges
mehr. Ein Naß kann nicht auf diese Weise mit vielen Prädikaten
derselben elementaren Stufe charakterisiert werden.
13 Kant hat bekanntlich nur die Formen des allgemeinem und des besonderem
Urteils zur formalen Logik gerechnet, die besondere Form des einzelnem Urteils
aber erst im Übergang zur Transzendentalphilosophie eingeführt (B 96). Die
Gedanken Kants zu diesem Thema sind noch unaufgeklärt. Natürlich sind sie
auch eine Folge der formalen Schwierigkeiten, welche die traditionelle Logik
bei der Behandlung von Sätzen mit Einzelbegriffen oder Namen an der Subjekt-
stelle hatte.
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aus erzwingt. Man kann auch annehmen, daß diese Aussageform
ursprünglich in den Zusammenhang formaler Operationen gehört und
daß sie zu Aussagen über Einzelnes sozusagen nur benutzt wird, weil
Einzelnes aus anderen Gründen als Objekt anzusprechen ist und somit
komplexe Charakterisierungen verlangt13. In einem solchen Falle
wäre zwar von der Urteilsform her die Beziehung auf komplexe
Objekte nicht zu verstehen. Die Unausweichlichkeit dieser Beziehung
würde aber dennoch aus den Implikationen einleuchten, welche diese
Form bei der Verwendung in Aussagen über Einzelnes hat.
So ist also in der elementaren Urteilsform ein <Zusammennehmen>
von noch ganz anderer Art als in dem Synthesismodell des Urteils
vorausgesetzt, das Platons Gedanken von Synthesis aufgenommen
hatte. Nicht nur die Komposition von Subjekt und Prädikat, sondern
der Gedanke vom Subjekt selbst schließt den Gedanken der Pluralität
in Einem ein. Die Synthesis, von der Platon sprach, kann die zwischen
einem nominalisierten Prädikat und einer Bestimmung sein, die es
klassifiziert. Die Vielheit von Charakteren, die jedem Objekt eines
elementaren Satzes über Einzelnes zugestanden sind, ist aber die von
Prädizierungen auf ein-und-derselben Stufe. Die Bestimmungen, unter
deren Mithilfe das vom Subjektausdruck gemeinte Einzelne thema-
tisiert werden kann, sind grundsätzlich Alternativen zu dem Prädikat,
das diesem Einzelnen an der Prädikatstelle zugesprochen wird, —
Alternativen für die aktuelle Prädizierung im selben elementaren Satz,
also auch mit dem aktuellen Prädikat in einer Konjunktion auf glei-
cher Stufe zu verbinden. Sokrates ist nicht dadurch als Einzelnes
gedacht, daß er als Mann, als Mensch und als Lebewesen bestimmt
wird, — ebensowenig wie ein Nässegefühl dadurch zu einem kom-
plexen Einzelnen wird, daß es als taktuelle Empfindung und als
Nahempfindung zu klassifizieren ist. In diesen Klassifizierungen ist
er als komplexes Einzelnes vielmehr schon vorausgesetzt. Einzelnes
ist er aber, sofern er weise, stupsnasig und trinkfest ist und Unzähliges
mehr. Ein Naß kann nicht auf diese Weise mit vielen Prädikaten
derselben elementaren Stufe charakterisiert werden.
13 Kant hat bekanntlich nur die Formen des allgemeinem und des besonderem
Urteils zur formalen Logik gerechnet, die besondere Form des einzelnem Urteils
aber erst im Übergang zur Transzendentalphilosophie eingeführt (B 96). Die
Gedanken Kants zu diesem Thema sind noch unaufgeklärt. Natürlich sind sie
auch eine Folge der formalen Schwierigkeiten, welche die traditionelle Logik
bei der Behandlung von Sätzen mit Einzelbegriffen oder Namen an der Subjekt-
stelle hatte.