Identität und Objektivität
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Wo aber lassen sich die Gründe für eine These finden, die einen
nach Maßstäben der philosophischen Theorie so weitgehenden An-
spruch erhebt, obgleich sie gewiß nur eine Überzeugung rechtfertigen
will, die wir ohnehin ohne den Anflug eines Zweifels hegen?
Man könnte den Versuch machen, die Untersuchung der Beziehung
zwischen Urteilseinheit und Objektbegriff noch weiterzutreiben und
zu sehen, ob sich so Schritte in Richtung auf die Begründung der
Durchgängigkeit der Erkenntnis aller Objekte gewinnen lassen. Unter
diesem Gesichtspunkt wären Kants Reflexionen über die Wahrheits-
bedingungen anderer Urteilsformen21 als nur der des elementaren
Subjekt-Prädikatsatzes und vor allem wiederum das <Grundsatz>-
kapitel der Kritik der reinen Vernunft zu analysieren.
Es besteht aber wenig Grund zu der Erwartung, auf diesem
Wege am Ende Kants weiterreichende epistemologische Ziele erreichen
zu können. Und gar kein Zweifel besteht daran, daß dieser Weg für
sich allein es nicht erlaubt, die Intentionen verständlich zu machen
und zu beurteilen, die Kant bei der Niederschrift seines Theorie-
entwurfes leiteten. Denn es liegt auf der Hand, daß Kant glaubte,
nur auf dem Weg über die Analyse des Selbstbewußtseins lasse sich
begründen, daß Objekte in durchgängiger Verbindung miteinander
gedacht werden müssen.
Darum soll nun die Untersuchung des Zusammenhangs von Urteils-
form und Objektbegriff abgebrochen werden. Ihr muß der Versuch
folgen, Kants Analyse des Selbstbewußtseins so zu entfalten, daß sich
aus ihm die Folgerung gewinnen läßt, alles Denken von Objekten
stehe notwendig und somit von Beginn an unter der Voraussetzung,
daß allgemeine Regeln eine Verbindung aller Objekte untereinander
garantieren.
21 In diesem Zusammenhang würde eine Erörterung der kantischen Definition von
<Kategorie> (B 128) unumgänglich sein, in der Kategorien als Begriffe von einem
Gegenstand interpretiert werden, «dessen Anschauung in Ansehung einer der
logischen Funktionen zu urteilen als bestimmt angesehen wird». Auch in diesem
Kapitel könnte und sollte sie eigentlich untersucht werden, worauf aber wegen
der Schwierigkeiten, die sie aufwirft, verzichtet worden ist. Es sei nur angemerkt,
daß Kant selbst mindestens zwei miteinander unvereinbare Deutungen dieser
Definition gegeben hat (Prolegomena § 20 paßt nicht zu B 128 und Reflexion
5555), und daß das Verhältnis von Urteilssubjekt und Objekt gemäß der Inter-
pretation, die oben gegeben wurde, mit keiner dieser beiden Selbstinterpretationen
in voller Übereinstimmung ist. Dies Problem und viele weitere zu behandeln
muß Aufgabe eines philosophischen Kommentars zur ganzen transzendentalen
Deduktion sein.
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Wo aber lassen sich die Gründe für eine These finden, die einen
nach Maßstäben der philosophischen Theorie so weitgehenden An-
spruch erhebt, obgleich sie gewiß nur eine Überzeugung rechtfertigen
will, die wir ohnehin ohne den Anflug eines Zweifels hegen?
Man könnte den Versuch machen, die Untersuchung der Beziehung
zwischen Urteilseinheit und Objektbegriff noch weiterzutreiben und
zu sehen, ob sich so Schritte in Richtung auf die Begründung der
Durchgängigkeit der Erkenntnis aller Objekte gewinnen lassen. Unter
diesem Gesichtspunkt wären Kants Reflexionen über die Wahrheits-
bedingungen anderer Urteilsformen21 als nur der des elementaren
Subjekt-Prädikatsatzes und vor allem wiederum das <Grundsatz>-
kapitel der Kritik der reinen Vernunft zu analysieren.
Es besteht aber wenig Grund zu der Erwartung, auf diesem
Wege am Ende Kants weiterreichende epistemologische Ziele erreichen
zu können. Und gar kein Zweifel besteht daran, daß dieser Weg für
sich allein es nicht erlaubt, die Intentionen verständlich zu machen
und zu beurteilen, die Kant bei der Niederschrift seines Theorie-
entwurfes leiteten. Denn es liegt auf der Hand, daß Kant glaubte,
nur auf dem Weg über die Analyse des Selbstbewußtseins lasse sich
begründen, daß Objekte in durchgängiger Verbindung miteinander
gedacht werden müssen.
Darum soll nun die Untersuchung des Zusammenhangs von Urteils-
form und Objektbegriff abgebrochen werden. Ihr muß der Versuch
folgen, Kants Analyse des Selbstbewußtseins so zu entfalten, daß sich
aus ihm die Folgerung gewinnen läßt, alles Denken von Objekten
stehe notwendig und somit von Beginn an unter der Voraussetzung,
daß allgemeine Regeln eine Verbindung aller Objekte untereinander
garantieren.
21 In diesem Zusammenhang würde eine Erörterung der kantischen Definition von
<Kategorie> (B 128) unumgänglich sein, in der Kategorien als Begriffe von einem
Gegenstand interpretiert werden, «dessen Anschauung in Ansehung einer der
logischen Funktionen zu urteilen als bestimmt angesehen wird». Auch in diesem
Kapitel könnte und sollte sie eigentlich untersucht werden, worauf aber wegen
der Schwierigkeiten, die sie aufwirft, verzichtet worden ist. Es sei nur angemerkt,
daß Kant selbst mindestens zwei miteinander unvereinbare Deutungen dieser
Definition gegeben hat (Prolegomena § 20 paßt nicht zu B 128 und Reflexion
5555), und daß das Verhältnis von Urteilssubjekt und Objekt gemäß der Inter-
pretation, die oben gegeben wurde, mit keiner dieser beiden Selbstinterpretationen
in voller Übereinstimmung ist. Dies Problem und viele weitere zu behandeln
muß Aufgabe eines philosophischen Kommentars zur ganzen transzendentalen
Deduktion sein.