Identität und Objektivität
63
schauung Gegebene nur dann in die Einheit eines Bewußtseins ein-
bezogen werden kann, wenn es gewissen Prozessen unterworfen wird,
welche das, was zuvor reine Gegebenheit war, allererst zum Inhalt
von Gedanken eines bestimmten Subjektes werden läßt25. Gegebenes
tritt nicht in Gedanken ein wie Personen in Gebäude. Die Homo-
genität, welche Gedanken als Gedanken und insbesondere als Ge-
danken eines Subjektes aufweisen, wird sich nur daraus verstehen
lassen, daß Gegebenes Funktionen unterliegt, die nichts weiter als die
Möglichkeitsbedingungen von Gedanken sind. Nur solches Gegebene,
das sich <in Gedanken schickt>, und weiter nur solches Gegebene, das
auch wirklich in Gedanken <gefaßt> wurde, gehört der Einheit des
Subjektes zu. Die Funktionen, welche solches Einheitsbewußtsein er-
möglichen, und insofern notwendig ermöglichen, als das Einheitsbe-
wußtsein in sich notwendig ist, scheinen selbst als notwendige Funk-
tionen der Verbindung und somit als Kategorien aufgefaßt werden
zu müssen. Die Untersuchung hat damit zum zweiten Male eine
Formulierung ergeben, die geläufigen Formulierungen von Kants Be-
weisziel entspricht26.
Hält man sich aber genau an die Prämissen, aus denen diese Schluß-
folgerung gewonnen werden sollte, ohne in die Konklusion Anspie-
lungen an andere mögliche Argumente einfließen zu lassen, so muß
man feststellen, daß der für Kants Beweisprogramm entscheidende
Schritt — der Schritt zur Rechtfertigung von Funktionen der Ver-
bindung apriori —, immer noch unbegründet geblieben ist. Das Selbst-
bewußtsein setzt wohl wirklich eine Synthesis voraus, kraft deren
viele Gedanken zu Gedanken in einem möglichen Bewußtsein werden.
Diese Synthesis erklärt also die Möglichkeit des Zusammenhanges, den
Gedanken in diesem Bewußtsein haben. Solange aber die Argumen-
tation, die eine solche Erklärung verlangt, strikt in ihrem eigenen
Gang bleibt, ist kein Grund zu erkennen, der zu der Annahme zwingt,
diese Synthesis müsse vom Subjekt selbst ausgeführt werden oder auch
nur im Bereich des Bewußtseins des Subjektes stattfinden. Sie muß ihm
vielmehr vorausgehen. Denn sie ist als die Bedingung jenes Gedanken-
zusammenhanges aufgefaßt, welche die elementarste Einheit des Sub-
25 Um der Komplizierung zunächst zu entgehen, die sich daraus ergibt, daß Kant
zwei Auffassungsweisen des Gegebenen, das <Empfindung> ist, voneinander unter-
scheidet und auch unterscheiden muß, — nämlich <Wahrnehmung> und <Begriff> —,
wird hier zunächst nur von dem Verhältnis von <Gegebenem> und <Gedanke>
gesprochen.
26 Vgl. oben S. 60.
63
schauung Gegebene nur dann in die Einheit eines Bewußtseins ein-
bezogen werden kann, wenn es gewissen Prozessen unterworfen wird,
welche das, was zuvor reine Gegebenheit war, allererst zum Inhalt
von Gedanken eines bestimmten Subjektes werden läßt25. Gegebenes
tritt nicht in Gedanken ein wie Personen in Gebäude. Die Homo-
genität, welche Gedanken als Gedanken und insbesondere als Ge-
danken eines Subjektes aufweisen, wird sich nur daraus verstehen
lassen, daß Gegebenes Funktionen unterliegt, die nichts weiter als die
Möglichkeitsbedingungen von Gedanken sind. Nur solches Gegebene,
das sich <in Gedanken schickt>, und weiter nur solches Gegebene, das
auch wirklich in Gedanken <gefaßt> wurde, gehört der Einheit des
Subjektes zu. Die Funktionen, welche solches Einheitsbewußtsein er-
möglichen, und insofern notwendig ermöglichen, als das Einheitsbe-
wußtsein in sich notwendig ist, scheinen selbst als notwendige Funk-
tionen der Verbindung und somit als Kategorien aufgefaßt werden
zu müssen. Die Untersuchung hat damit zum zweiten Male eine
Formulierung ergeben, die geläufigen Formulierungen von Kants Be-
weisziel entspricht26.
Hält man sich aber genau an die Prämissen, aus denen diese Schluß-
folgerung gewonnen werden sollte, ohne in die Konklusion Anspie-
lungen an andere mögliche Argumente einfließen zu lassen, so muß
man feststellen, daß der für Kants Beweisprogramm entscheidende
Schritt — der Schritt zur Rechtfertigung von Funktionen der Ver-
bindung apriori —, immer noch unbegründet geblieben ist. Das Selbst-
bewußtsein setzt wohl wirklich eine Synthesis voraus, kraft deren
viele Gedanken zu Gedanken in einem möglichen Bewußtsein werden.
Diese Synthesis erklärt also die Möglichkeit des Zusammenhanges, den
Gedanken in diesem Bewußtsein haben. Solange aber die Argumen-
tation, die eine solche Erklärung verlangt, strikt in ihrem eigenen
Gang bleibt, ist kein Grund zu erkennen, der zu der Annahme zwingt,
diese Synthesis müsse vom Subjekt selbst ausgeführt werden oder auch
nur im Bereich des Bewußtseins des Subjektes stattfinden. Sie muß ihm
vielmehr vorausgehen. Denn sie ist als die Bedingung jenes Gedanken-
zusammenhanges aufgefaßt, welche die elementarste Einheit des Sub-
25 Um der Komplizierung zunächst zu entgehen, die sich daraus ergibt, daß Kant
zwei Auffassungsweisen des Gegebenen, das <Empfindung> ist, voneinander unter-
scheidet und auch unterscheiden muß, — nämlich <Wahrnehmung> und <Begriff> —,
wird hier zunächst nur von dem Verhältnis von <Gegebenem> und <Gedanke>
gesprochen.
26 Vgl. oben S. 60.