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Henrich, Dieter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1976, 1. Abhandlung): Identität und Objektivität: eine Untersuchung über Kants transzendentale Deduktion ; vorgetragen am 9. November 1974 — Heidelberg: Winter, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45458#0114
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Dieter Henrich

standhielt, hatte der Zusammenhang zwischen Identität des Subjekts
und Konstanz der Regeln nur den Charakter einer logischen Ab-
leitung: Wenn das Ich Identitätsprinzip ist, so muß es für den Über-
gang zwischen seinen Zuständen Regeln apriori geben. Indem Kant
über die Identität der Handlung spricht, die Erscheinungen Regeln
unterwirft, faßt er die Folge logischer Ableitung zugleich als einen
Zusammenhang realer Konstitution auf. Nun ist das Subjekt zwar
wirklich Akteur von einigen Aktivitäten. Es kann stets auf sich
reflektieren und Synthesen initiieren. Aber auch dann, wenn man die
beiden Prämissen, daß es Akteur und zugleich <höchster Punkt> in
transzendentalen Beweisen ist, zusammennimmt, so folgt doch noch
immer nicht, daß in ihm und in seinen Handlungen der Grund von
all dem gesucht werden muß, ohne das der Begriff des Subjekts nicht
gedacht werden kann und ohne das es auch kein Wissen von sich
haben würde.
Gesteht man Kant jedoch seine konstitutionstheoretische Folgerung
einmal zu, so wird seine Rede von der <Identität einer Handlung>
allerdings legitim und unvermeidlich. Ist nämlich das Subjekt nicht
nur ohne Erscheinungsregeln undenkbar, sondern deren realer Grund,
so muß man eine Aktivität annehmen, welche zur Folge hat, daß
alle Synthesis solchen Regeln untersteht. Diese Aktivität muß, wie
die Formen der Synthesis selbst, ihren eigenen Einheitsgrund haben
und somit eine <Funktion> ausüben. Es versteht sich, daß dieser Ein-
heitsgrund in der universalen Einheit des Ich gelegen wäre, der dieser
Funktion alle Erscheinungen unterwirft. Von einer solchen Handlung,
Funktion oder Aktivität kann man auch nur im Singular reden.
Ihr kommt weiterhin auch Identität zu: Sie ist dieselbe, weil sie
jeder Synthesis in jedem Übergang die gleichen universalen Einheits-
bedingungen vorschreibt. In ihnen findet der Typ von Regel, der für
die jeweilige Synthesis gilt, seinen systematisch bestimmten Platz. Und
in diesem Sinne korrespondiert die Identität der Handlung der Identi-
tät, welche dem transzendentalen Subjekt selbst zuzusprechen war.
Nun ist es aber von Interesse zu bemerken, daß die Identität einer
solchen singulären Handlung weder die eines formalen Gegenstandes
noch auch die gemäßigte Identität des Subjekts im Übergang, sondern
vielmehr die strikte Identität zu sein hätte: Sie wäre eine Handlung,
die sich nicht wandeln und die nicht enden kann. Nur so könnte sie,
v/enn sie denn der zureichende Grund von formalen Objekten (den
Regeln apriori) ist, den Bestand dieser Objekte garantieren. Dann aber
liegt es zumindest nahe, auch die Identität des Subjektes als solchen
 
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