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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 1. Abhandlung): Der Gott Achilleus: vorgetr. am 5. Mai 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45478#0018
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Hildebrecht Hommel

reits Diehl eine verläßliche Basis schaffen, auf der sich Weiterarbeiten
läßt.
Für die Altertumswissenschaft war es in der Tat ein aufregendes Fak-
tum, daß Achilleus in diesen Gegenden als Gottheit verehrt wurde, seit
hadrianischer Zeit übrigens unter dem Namen Achilleus Pontarches -
<Herrscher des Meeres>. Denn derselbe Achill hatte sich ja durch die
einzigartige Rolle, die er in den Epen Homers, zumal in der Ilias, spielt,
dem abendländischen Bewußtsein keineswegs als Gott eingeprägt, son-
dern als der überragende Held der griechischen Sage, insbesondere als
Schlüsselfigur der Kämpfe vor Troja. Zwar ist er der Sohn einer Göttin,
aber eben doch nichts anderes als ein Heros, mit menschlichen Leiden-
schaften behaftet, von menschlichen Schicksalen bedrängt, der gewiß
Übermenschliches leistet, jedoch in echt menschlicher Tragik einem
frühen Tod anheimgegeben ist. In der Ilias Homers wird freilich sein
Ende nicht mehr dargestellt, aber es verdunkelt in zahlreichen Voraus-
deutungen die Szene beinahe von Anfang an.5 Wie sehr er mit seinem
Zorn im Mittelpunkt des Epos steht, zeigt programmatisch der allerer-
ste Vers μήνιν άειδε, θεά, Πηληιάδεω Άχιλήος, wenn dann auch in der
Ausführung das Gedicht weit über diese <Episode> hinauswächst zur
wirklichen <Ilias>, deren Inhalt, den Kampf der Griechen vor Troja, die
Kunst des Homer «zum Prototyp eines Weltgeschehens» erhebt, so daß
man dieses Epos ein «Weltgedicht» hat nennen können.6
Die ältesten Achilleus-Inschriften - zumeist wohl als Dank an den
Gott zu verstehen (vielleicht aufgrund eines vorangehenden Gelübdes),
und zum Teil von der Insel Leuke stammend — sind Graffiti, von denen
einige, erst in neuerer Zeit auf dem Festland in Olbia gegenüber der In-
sel Berezan gefunden7, bis ins 6. vorchristliche Jahrhundert zurückrei-
chen. Ein ausführlicher beschrifteter Graffito, von der Insel Leuke,
5 Dazu s. unt. Anm. 130.
6 Diese beiden Formulierungen nach Wolfg. Schadewaldt, der in seiner letzten, dem na-
hen Tod abgerungenen Arbeit: Der Aufbau der Ilias. Strukturen und Konzeptionen
1975 ein postumes Vermächtnis hinterlassen hat, das neben der gleichzeitig erschie-
nenen Iliasübersetzung sein weithin dem Homer gewidmetes Lebenswerk abschließt
und krönt. Die hier einschlägigen Partien über das Verhältnis von Achilleus- und
Ilias-Handlung finden sich auf S. 8—15 und 37. Vgl. a. S. 69ff. Siehe auch schon C. Μ.
Bowra, Tradition und Design in the Iliad 1930, 192-200.
7 So die aus dem 6. und 5. Jh. v.Chr. stammenden 73 Graffiti aus Bejkus nahe Berezan,
die in einem ukrainisch abgefaßten Aufsatz veröffentlicht sind von A. S. Rusjajeva in
der Zeitschrift Archeologija 2. 1971, S. 22-29 mit zahlreichen Nachzeichnungen. Die
meist annähernd runden Scherben weisen i.a. nur die Legende A, AXI oder ΑΧΙΛ-
AE(I) auf, sind aber oft mit primitiven Bilddarstellungen versehen (s. unsere Abb. 1),
 
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