Metadaten

Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 1. Abhandlung): Der Gott Achilleus: vorgetr. am 5. Mai 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45478#0025
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Der Gott Achilleus

15

dadurch eine Insel entstand (heute <Berezan>),30 da heftete sich allmäh-
lich der Name Achilleusinsel an sie, die nunmehr Tradition und Pflege
dieses Gottesdienstes weithin übernahm. Natürlich hörte der Kult auf
der Insel Leuke deshalb nicht etwa auf, wo auch künftig vorüberziehen-
de Seefahrer dem Achill an seiner ursprünglichen Weihestätte Vereh-
rung zollten. Aber einer Verwechslung der beiden Inseln war fortan vor
allem auch bei den Autoren, die in Olbia waren und nur die Insel <Bere-
zan> kannten, Tür und Tor geöffnet.31 Damit hängt es wohl auch zusam-
men, daß Arrian, Periplus Ponti Euxini 20,2 behauptet, die Insel <Bere-
zan> habe keinen Namen getragen.32 Ich möchte meinen, daß sie als ein-
zige Bezeichnung den Namen ’Αχιλλήος νήσος von Leuke übernahm;
Leuke konnte ja diesen Verlust tragen, da es seit alters auch noch den
ihm vielleicht von den Milesiern beigelegten Namen, eben Leuke, hatte
und dadurch jederzeit identifizierbar war.

30 Diehl RE 6 mit weiteren Literaturangaben. Jetzt auch A. Wa^owicz a.O. S. 32 ob.;
Anm. 35 dazu die neuere Literatur (wovon bes. wichtig V. V. Lapin 1966, S.
128-136). Neuerdings kommt hinzu K. K. Silik, K paleogeopraphii Olvii. In: Olvija,
Kiev 1975, S. 51—91 (frdle. Mitteilung von J. G. Vinogradov). Noch H. Bengtson,
Griech. Gesch. s1977, S. 98 spricht die ursprüngliche Halbinsel Berezan bereits für
die Zeit der milesischen Kolonisation fälschlich als Insel an.
31 So bei E. Rohde, Psyche 2II 1898, S. 372, Anm.; vgl. Diehl RE 6f. Ich möchte meinen,
daß auch Dion von Prusa, der in seinem <Borysthenikos> den Besuch bei den Olbiopo-
liten so lebendig schildert, dieser Verwechslung erlegen ist, wenn er (or. XXXVI 9)
die Heiligtümer der <Achilleusinsel> (έν τή νησω τή Άχιλλέως καλουμένη) und der
<Stadt> (έν τή πόλει) in einem Atem nennt. Auch findet sich bei ihm nirgends der Na-
me Leuke. Anders urteilt freilich die communis opinio, wofür Diehl RE 8f. repräsen-
tativ ist, der den Dion unter den Zeugen für Leuke als die heilige Insel des Achilleus
anführt (und demgemäß Sp. 6 nicht als Zeugen für <Berezan> nennt). Schon vor Dion
hat Pomponius Mela II 7,98 ganz deutlich, aber ebenso falsch, die der Borysthenes-
mündung gegenüber Hegende Insel als Leuke bezeichnet. Eine korrekte Ortsbeschrei-
bung von Leuke mit zuverlässigen Entfernungsangaben von den Mündungen der Flüs-
se Borysthenes (Dnjepr - 140 röm. Meilen), Tyras (Dnjestr - 120 röm. Μ.) und der
Deltainsel Peuke (Donaumündung - 50 röm. Μ.) gibt dagegen Plinius, n.h. IV 93. -
Die Verwirrung in den antiken Quellen ist bereits bemerkt und notiert von C. Robert,
Die griechische Heldensage, S. 1194 m. Anm. 4; s. jetzt auch H. v. Geisau in: Der
kleine Pauly I 1964, Sp. 49 und D. Kemp-Lindemann a.O. (ob. Anm. 24) S. 242f.,
dort auch die richtige Deutung der oben genannten Dion-Stelle (nur daß die Verf.
statt Pontarches mehrfach Pontarchos schreibt).
32 Siehe Tomaschek RE III 1899, 739; Chr. Μ. Dano ff RE S IX 1962, 920 im Artikel
<Pontos Euxeinos>. Verschiedentlich hat man unrichtig aus dem modernen Namen
<Berezan> geschlossen, die Insel habe auch in der Antike <Borysthenes> geheißen. Da-
noff a.O. erwähnt einen russischen Aufsatz von E. A. Ryidzevskaja von 1947 über die
Namen der Insel Berezan, von dessen Inhalt er jedoch nichts verrät.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften