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Hildebrecht Hommel
Bereich hätte herhalten müssen, der vielmehr nur auf Umwegen mit
ihm in Beziehung gebracht werden kann.39
*
Zu einer wirklich befriedigenden Erklärung des Phänomens bedarf es
daher weiter ausgreifender Erwägungen, die im folgenden angestellt
werden sollen. Von zwei festen Punkten haben wir auszugehen. Einmal:
die griechische, in diesem Fall die milesische Kolonisation des 7. Jh.
v.Chr. ist es gewesen, die den Achilleuskult im Nordwesten des Schwar-
zen Meeres hat aufkommen lassen.40 Und zum anderen: die Insel Len-
ke, das ursprüngliche Zentrum des Kultes und wohl auch sein Aus-
gangspunkt, wird von mehreren Quellen als μακάρων νήσος <Insel der
Seligem bezeichnet.41 Die älteste Äußerung in diesem Sinn ergibt sich
aus der Kombination von Pindar, Olymp. II 71 ff., 79f. aus dem Jahr 476
mit der späteren Nem. IV 49ff., einer Stelle, die wir oben bereits be-
sprochen haben. An der ersten wird Achill von der Mutter Thetis nach
der μακάρων νάσος entrückt, an der zweiten herrscht er auf der deuch-
tenden Insel> (= Leuke) im Pontos Euxeinos, woraus sich ohne weiteres
die Identität beider Bezeichnungen μακάρων νάσος und Leuke für Pin-
dar ergibt. In späterer Zeit hat dann Plinius, Nat. hist. IV 93 diesen
Sachverhalt mit klaren Worten bestätigt: eadem Leuce (insula) et Maca-
ron appellatad2 Avienus, Descriptio orbis terrae 722 ist ihm mit der Be-
zeichnung der Insel Leuke als sedes animarum darin gefolgt.
Wir dürfen uns den Sachverhalt im großen wohl folgendermaßen vor-
stellen, wenn wir die verschiedenen Quellen in Übereinstimmung brin-
gen wollen: Der letztlich zweifellos vorgriechische Glaube an ein Fort-
leben nach dem Tod auf der Insel der Seligen,43 wie wir ihn in der Früh-
39 Daß der Name des Achilleus schließlich doch eine gewisse Beziehung zum Meer zu
haben scheint, steht auf einem anderen Blatt; darüber s. unt. S. 38’mit Anm. 109ff.
40 Ed. Meyer, Gesch. d. Altert. II 1893, S. 452f. E. Rohde, Psyche 2II 1898, S. 37b.
41 Vgl. Escher RE I 1894, Sp. 240 und Diehl RE 7 unten, von denen allerdings jeder hier
nur einen Teil der betreffenden Quellenstellen bietet.
42 Ungenauer Wortlaut bei E. Rohde a.O. 373, Anm., wo wiederum — ganz im Gegen-
satz zu Plinius — die Insel Leuke mit der insula Achillea vor der Borysthenesmündung
vermengt ist (s. ob. S. 15 m. Anm. 31).
43 Erwin Rohde a.O. 2I 68ff. in einem weit ausgreifenden Kapitel, ferner 2II 369ff. Jos.
Kroll, Elysium (1953). Μ. P. Nilsson, Gesch. d. griech. Rel. 2I 1955, S. 324ff. mit der
neueren Literatur. Zu den orientalischen Ursprüngen des Motivs vgl. Fr. Hommel,
Die Insel der Seligen in Mythus und Sage der Vorzeit. Vortrag ... 1901. Jos. Kroll a.O.
14 ganz kurz ebenfalls zur vorderasiatischen (und ägyptischen) Herkunft der Vorstei-
Hildebrecht Hommel
Bereich hätte herhalten müssen, der vielmehr nur auf Umwegen mit
ihm in Beziehung gebracht werden kann.39
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Zu einer wirklich befriedigenden Erklärung des Phänomens bedarf es
daher weiter ausgreifender Erwägungen, die im folgenden angestellt
werden sollen. Von zwei festen Punkten haben wir auszugehen. Einmal:
die griechische, in diesem Fall die milesische Kolonisation des 7. Jh.
v.Chr. ist es gewesen, die den Achilleuskult im Nordwesten des Schwar-
zen Meeres hat aufkommen lassen.40 Und zum anderen: die Insel Len-
ke, das ursprüngliche Zentrum des Kultes und wohl auch sein Aus-
gangspunkt, wird von mehreren Quellen als μακάρων νήσος <Insel der
Seligem bezeichnet.41 Die älteste Äußerung in diesem Sinn ergibt sich
aus der Kombination von Pindar, Olymp. II 71 ff., 79f. aus dem Jahr 476
mit der späteren Nem. IV 49ff., einer Stelle, die wir oben bereits be-
sprochen haben. An der ersten wird Achill von der Mutter Thetis nach
der μακάρων νάσος entrückt, an der zweiten herrscht er auf der deuch-
tenden Insel> (= Leuke) im Pontos Euxeinos, woraus sich ohne weiteres
die Identität beider Bezeichnungen μακάρων νάσος und Leuke für Pin-
dar ergibt. In späterer Zeit hat dann Plinius, Nat. hist. IV 93 diesen
Sachverhalt mit klaren Worten bestätigt: eadem Leuce (insula) et Maca-
ron appellatad2 Avienus, Descriptio orbis terrae 722 ist ihm mit der Be-
zeichnung der Insel Leuke als sedes animarum darin gefolgt.
Wir dürfen uns den Sachverhalt im großen wohl folgendermaßen vor-
stellen, wenn wir die verschiedenen Quellen in Übereinstimmung brin-
gen wollen: Der letztlich zweifellos vorgriechische Glaube an ein Fort-
leben nach dem Tod auf der Insel der Seligen,43 wie wir ihn in der Früh-
39 Daß der Name des Achilleus schließlich doch eine gewisse Beziehung zum Meer zu
haben scheint, steht auf einem anderen Blatt; darüber s. unt. S. 38’mit Anm. 109ff.
40 Ed. Meyer, Gesch. d. Altert. II 1893, S. 452f. E. Rohde, Psyche 2II 1898, S. 37b.
41 Vgl. Escher RE I 1894, Sp. 240 und Diehl RE 7 unten, von denen allerdings jeder hier
nur einen Teil der betreffenden Quellenstellen bietet.
42 Ungenauer Wortlaut bei E. Rohde a.O. 373, Anm., wo wiederum — ganz im Gegen-
satz zu Plinius — die Insel Leuke mit der insula Achillea vor der Borysthenesmündung
vermengt ist (s. ob. S. 15 m. Anm. 31).
43 Erwin Rohde a.O. 2I 68ff. in einem weit ausgreifenden Kapitel, ferner 2II 369ff. Jos.
Kroll, Elysium (1953). Μ. P. Nilsson, Gesch. d. griech. Rel. 2I 1955, S. 324ff. mit der
neueren Literatur. Zu den orientalischen Ursprüngen des Motivs vgl. Fr. Hommel,
Die Insel der Seligen in Mythus und Sage der Vorzeit. Vortrag ... 1901. Jos. Kroll a.O.
14 ganz kurz ebenfalls zur vorderasiatischen (und ägyptischen) Herkunft der Vorstei-