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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 1. Abhandlung): Der Gott Achilleus: vorgetr. am 5. Mai 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45478#0029
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Der Gott Achilleus

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zeit vor allem aus der Telemachie kennen (Odyssee 4, 561-69), wo Me-
nelaos, der Gatte der göttlichen Helena, dieses Vorzugs genießt,44 -
dieser vielfach ausgestaltete Glaube hatte sich bei den Griechen erhal-
ten oder war auf einige auserlesene Heroen eingeschränkt worden,45 als
längst andere, genuin griechische Jenseitsvorstellungen herrschend ge-
worden waren. Diese jüngeren Anschauungen sichern den Verstorbe-
nen in ihrer Gesamtheit ein Weiterleben im Hades genau in der Gestalt
und Funktion, wie sie die Erde verlassen hatten,46 wofür sich die nicht
ganz glückliche Bezeichnung debender Leichnam* eingebürgert hat47 -
ein Glaube, der es mit sich bringt, daß man dem freundlich gesinnten
Toten all das ins Jenseits mitgibt, was er bei Lebzeiten gebraucht und
woran er sich erfreut hat, während man vor dem unguten sich durch al-
lerhand Schutzmaßnahmen sichert, da man wie vom guten ein segens-
reiches, so bei ihm ein schädliches Weiterwirken auf die Lebenden er-
wartet.
In der homerischen Zeit, die in vieler Hinsicht als eine Epoche der
<Aufklärung> bezeichnet werden darf,48 verblaßt dann dieser Glaube

hing, jedoch ohne Kenntnis des eben zitierten Vortrags. Ebenso jetzt W. Burkert a.O.
305 m. Anm. 37, der den Glauben «von der sumerischen Flutsage» herleitet und sich
dabei auf J. B. Pritchard beruft.
44 Darüber treffliche Bemerkungen bei W. Marg, Homer über die Dichtung 1957, S. 19.
Vgl. a. schon P. Capelle, Elysium und Insel der Seligen, Arch. f. Rel.-Wiss. 25. 1927,
S. 245ff., hier 258ff., und J. Kroll a.O. 13f. Jetzt W. Burkert a.O.
45 So eben im Fall des Menelaos, und dann verallgemeinernd bei Hesiod, Erga 167—173
(Ulf. έν μακάρων νήσοισι παρ’ Ωκεανόν βαθυδίνην, όλβιοι ήρωες - unter denen
übrigens hier durchaus auch bereits Achilleus mitgemeint sein kann). Dazu vgl. E.
Rohde a.O. 2I 104. J. Kroll a.O. 15ff. und jetzt Burkert a.O. m. Anm. 39. Schon vor-
her auch P. Capelle a.O. 247, wo betont wird, daß der Begriff der μάκαρες an sich nur
übermenschlichen Gestalten wie etwa den Bewohnern des Olymp zukommt.
46 Diese Maxime, die sich auch Goethe zueigen machte, findet sich gelegentlich noch
heute in abgewandelter Gestalt, so in einer ländlichen Sonntagspredigt in Oberöster-
reich 1966: «Wie der Mensch stirbt, so bleibt er in Ewigkeit, und wie der Baum fällt,
so bleibt er liegen.»
47 Vgl. etwa Μ. P. Nilsson a.O. 2I 182. Albr. Schnaufer, Frühgriechischer Totenglaube
... (Diss. Tübingen 1967) = Spudasmata 20. 1970, S. 8f. 31f. u.ö.
48 Walter F. Otto, Die Götter Griechenlands 1929 u.ö., S. 136ff. Dazu jetzt die Bemer-
kungen von W. Burkert a.O. 303f. Weiterhin hat G. Nebel, Homer 1959 nachdrück-
lich auf die Entgötterung der homerischen Welt hingewiesen, wozu A, Heubeck, Die
homerische Frage 1974, S. 180ff. die nötigen Einschränkungen macht. A. Lesky Ho-
meros 1967 (S.-Dr. aus RE S XI) S. 47 sieht im Homer mit Recht «ionischen Geist
mit seinem Hang zum Rationalismus» wirksam. Von einer damals bereits im Gang be-
findlichen «Aufklärung», wie sie vielfach im Epos aufscheine, spricht ausdrücklich Fr.
G Schnitzer, in der Festschrift <Studien zum antiken Epos* 1976, S.-Dr., S. 16. Vgl. zu
 
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