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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 1. Abhandlung): Der Gott Achilleus: vorgetr. am 5. Mai 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45478#0036
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Hildebrecht Hommel

Unterwelt denkt durchaus <homerisch>, sein Reich ist jetzt ein Reich der
Schatten, das er ganz und gar nicht als Stätte der μάκαρες empfindet,
und aus dem er daher entfliehen will ins Licht der Sonne.64 Was uns je-
doch in unserem Zusammenhang vornehmlich an diesem Bericht inter-
essieren muß, ist ganz einfach die klare Aussage, daß Achill da unten als
Totengott gebietet, genau wie es etwa bei Sophokles später vom Hades
heißt: ό παρά τον Αχέροντα θεός άνάσσων (El. 184). Man kann dies
aber nun nicht etwa mit dem bei Homer mehrfach durchscheinenden
Grundsatz abtun, von dem wir sprachen: <was einer im Leben war, ist er
auch da untern; denn Achill war niemals Herrscher auf Erden, weder in
seiner Heimat, wo sein Vater Peleus regierte und ihn überlebt hat,65
noch unter den Achaiern vor Troja, wo Agamemnon mehr als einmal
ihn seine Überlegenheit hat fühlen lassen.66 Dagegen beruft sich Odys-
wie, daß des Odysseus Anrede an Achill als Herrscher in der Unterwelt «nichts als ei-
ne rhetorische Übertreibung» sei, beruhigende Mitleids- und Trostrede, als Kompli-
ment an den ehemaligen Widerpart formuliert, womit Odysseus sein Gewissen beru-
hige und gleichzeitig verlegene Abbitte für einst dem Achill zugefügte Kränkung lei-
ste.
64 Dazu jetzt kurz und treffend W. Burkert, Griech. Religion . . . 1977, S. 303. Schon
Gabriel Germain, Genese de 1 <Odyssee . . . 1954, S. 342ff. hatte dabei den in Achil-
leus’ Worten zutagetretenden Pessimismus dem Tod gegenüber einer freilich vom
<homerischen> Jenseitsglauben allzusehr abstrahierenden Betrachtung unterworfen
und auf den Spuren von C. F. Lehmann-Haupt, RE XI 1921/22, Sp. 433 an eine Be-
einflussung der <Nekyia> durch das Gilgamesch-Epos gedacht, wo der von Gilgamesch
beschworene Geist des Enkidu sich in ähnlicher Weise über das Dasein im Totenreich
äußert. Neuere Literatur dazu bei Burkert a.O.
65 Völlig verkannt von G. Germain a.O. 3432, wo es heißt «Ulysse veut dire simplement
qu’ Achille reste un prince jusque dans les Enfers». Bei Homer Od. 1 l,494f. gebührt
jedoch dem Peleus die τιμή in den Städten der Myrmidonen, Achilleus ist lediglich
sein <Helfer> (έπαρωγός) v. 498. Das von Agamemnon Ilias l,179f. ironisch hinge-
worfene Wort zu Achilleus οΐκαδ’ ιών. . . Μυρμιδόνεσσιν άνασσε · σέθεν δ’ έγώ ούκ
άλεγίζω widerspricht diesem Befund keineswegs (vgl. dazu a. die folgende Anm.).
Auch v. 280f., wo Nestor den Peliden daran erinnert, daß Agamemnon der mächtige-
re ist und über mehr Menschen gebietet, ist in unserem Zusammenhang nicht zu pres-
sen, zumal dabei die göttliche Abkunft des Achill als Vorzug zugestanden wird. Fr.
Gschnitzer a.O. (ob. Anm. 48) S. 6, Anm. 5 brauchte also deshalb diese beiden Verse
(nach dem Vorgang anderer) nicht zu athetieren. Siehe auch die folgende Anm.
56 Dazu die wichtigen Ausführungen von Fr. Gschnitzer a.O. in seinem Aufsatz Politi-
sche Leidenschaft im homerischen Epos>, S. _3ff- mit weiterer Literatur. Wenn etwa
Dias 1,176 Achill unter die διοτρεφέες βασιλήες gerechnet wird, so geht es dabei le-
diglich darum, die «Großen um Agamemnon» vom «König» zu unterscheiden
(Gschnitzer S. 6s). Über die Wortgeschichte von βασιλεύς hatte Fr. Gschnitzer bereits
grundlegend und wegweisend früher gehandelt (Fr. G., ΒΑΣΙΛΕΥΣ, ein terminologi-
scher Beitrag zur Frühgeschichte des Königtums bei den Griechen. In: Festschrift Le-
 
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