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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 1. Abhandlung): Der Gott Achilleus: vorgetr. am 5. Mai 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45478#0038
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Hildebrecht Hommel

Aber auch auf seine große Gegnerin, die Amazone Penthesileia, konnte
in diesem Zusammenhang geschlossen werden.70 Das alles dürfte eben
doch Reflex uralter Vorstellungen sein, wonach der Totengott nicht oh-
ne Partnerin denkbar war. Diese Gestalten scheinen allesamt eine mehr
oder weniger nahe Beziehung zur Sphäre des Jenseits aufzuweisen, die
sie für jene Rolle geeignet macht. Denn daß Helena lediglich als schön-
ste oder herrlichste aller Frauen71 oder «weil sie schon bei Lebzeiten

70 So Gruppe a.O. I 617. Dort in den Anmerkungen wird mit Recht gegen Wilamowitz’
Annahme einer späten Entstehung dieser Sagen Stellung genommen, besonders im
Blick auf Iphigeneia.
71 K. Lehrs, Populäre Aufsätze 21875, S. 32; L. Radermacher, Das Jenseits . . . 1903, S.
59. Goethe hat im Faust II dieses den Dichter ansprechende Motiv vertieft und ausge-
weitet, besonders auch im Blick auf beider Sohn Euphorion. Daß Helenas Verbin-
dung mit Achill auf der Insel Leuke letztlich die Überlieferungsgrundlage für Goethes
Helena-Dichtung abgegeben habe (vgl. etwa Faust II 8876ff.) - immerhin erwähnt
Goethe in den Entwürfen die Insel Leuke mehrfach —, hat Kath. Mommsen, Natur-
und Fabeiwelt in Faust II (1968) S. 34 u.ö. vermutet; doch meldet dagegen U. Peter-
sen, Goethe und Euripides 1974, S. 19 596 begründete Zweifel an. Daß Euphorion,
Sohn von Achill und Helena, auf den Inseln der Seligen erzeugt und geboren sei, hat
Goethe aus Hederich'?, Mythol. Lexikon (Sp. 1073) entnommen aber doch wohl auch
erkannt, daß es sich dabei um eine apokryphe Version der Sagenüberlieferung gehan-
delt hat; sie dürfte um 100 n.Chr. von Ptolemaios Chennos erfunden sein (dazu
Knaack RE VI 1909, Sp. 1174 und A. Dihle RE XXIII 1959, Sp. 1862).
Im übrigen tritt das Motiv der Verbindung von Achilleus und Helena auf der Insel
Leuke in der Literatur verhältnismäßig spärlich auf. So in der Antike in der Stesicho-
roslegende (Helene Homeyer, Die spartanische Helena . . . vom Altertum bis zur Ge-
genwart 1977, S. 18) und in einer vagen Anspielung (<Elysium>) in Senecas Troerin-
nen 926ff. {Homeyer a.O. 79). Am ausführlichsten berichtet in phantastischer Aus-
schmückung zu Beginn des 3. Jhs. (wohl zwischen 215 und 219) der späte Sophist Phi-
lostratos über die Szene in seinem <Heroikos> (ed. L. de Lannoy, Tbnr.-Sonderausga-
be, Leipzig 1977, S. 70f.), wobei sich alte Märchenmotive mit behaglicher Fabulierlust
und mit Homerkritik verbinden, ohne daß wesentlich neue Züge hervorträten; s. bes.
S. Eitrem in: Symbolae Osloenses 8. 1929, S. 17f. und 42ff. Fr. Solmsen RE XX
(1950) im Artikel <Philostratos> (erschienen bereits 1941), Sp. I54ff., dort auf Sp. 159
weitere Literatur. In neuester Zeit begegnet der Stoff in dem Opemtext des Amerika-
ners J. Erskine, Helen retires 1934 mit originellen Einzelzügen {Homeyer a.O. 192),
Zu nennen wären außerdem Reflexionen von Gerhart Hauptmann in seinem Reisebe-
richt (Griechischer Frühling» 1910, S. 135 (14/15 1922, S. 71), der das Eiland westlich
von Aigina im Saronischen Golf lokalisieren wollte und sich von Helenas und Achills
«ewigseligem Dasein» auf «der abgeschiedenen kleinen Insel Leuke» fasziniert zeigt
(dazu E. Maaß, Goethe und die Antike 1912, S. 323). Ferner die dramatische Skizze
von Isolde Kurz in Blankversen mit eingestreuten Chören: Leuke. Ein Geisterspiel
(Ges. Werke, Bd. 1. 1925, S. 365—385), wo Helena aus dem Elysium entweicht, um
sich auf Leuke dem von Jugend an ersehnten Helden Achilleus traumhaft zu verbin-
 
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