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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 1. Abhandlung): Der Gott Achilleus: vorgetr. am 5. Mai 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45478#0050
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Hildebrecht Hommel

serzeit bekannt, aber literarisch und besonders auch archäologisch reich
belegt, wird berichtet, daß Achilleus’ Mutter Thetis dem Söhnchen
nicht wie nach der landläufigen Überlieferung durch Salbung mit Am-
brosia oder durch Tauchen in Feuer oder siedendes Wasser, sondern da-
durch die Unsterblichkeit zu verschaffen unternahm, daß sie ihn im Un-
terweltsfluß Styx gebadet habe.118 Auch hier wieder bewahrt späte
Überlieferung unverstandene alte Sagenzüge wie die ursprüngliche na-
he Verbindung des Gottes Achilleus mit dem Reich der Toten. Ein
Kunstwerk neuerer Zeit hat die Szene parodierend in genialer Weise
karikiert und dabei die Unterweltskulisse unverkennbar getroffen
(Abb. 4).119 Schließlich weist wohl auch in die gleiche Richtung die
Schilderung im 21. Gesang der Ilias, wo der Heros Achilleus in wahrhaft
dämonischer Weise mit den Stromgöttern der Troas und ihren Söhnen
kämpft und dabei den eigenen Tod vor Augen hat,120 wobei (v. 194)
wiederum auch der <mächtige Acheloos> Erwähnung findet, ja sogar
dessen ursprüngliche Identität mit Achilleus durchschimmem mag.
Wenn Paul Kretschmer demgegenüber immer noch an der alten Ety-
mologie festgehalten hat, die den Achilleusnamen von griechisch αχός
herleitet, worin man ihm heute nicht mehr folgen kann, so liefert dieser
Forscher uns doch im gleichen Zusammenhang in einem wichtigen Auf-
satz121 geradezu den Schlußstein für unser Gebäude. Er weist auf das
sagenhafte Heimatland des Achilleus, nämlich auf <Phthia> hin und auf
den Namen seines Volkskontingents, mit dem er in den Trojanischen
Krieg zieht, auf die <Myrmidonen> - beides mythische Namen, die erst
eine rationalisierende Betrachtungsweise geographisch festgelegt hat,
118 Die literarischen Belege bei Fleischer in Roschers Mythol. Lex. I 1884, Sp. 24. Escher
RE I 1894, Sp. 225. H. v. Geisau in: Der Kleine Pauly I Sp. 47. Die archäologischen
Zeugnisse bei Fr. Brommer, Denkmälerlisten zur griechischen Heldensage II 1974, S.
65f. und 73 («Feiung im Styx»). Dazu D. Kemp-Lindemann a.O. (ob. Anm. 24), S.
3ff. und 234.
119 Honore Daumier, Histoire ancienne 1841/43; das betreffende Blatt, erstmals erschie-
nen im <Charivari> Jg. 1842, ist abgebildet bei Ed. Fuchs, Hon. Daumiers Bilder zur
Sage und Geschichte der Alten 1902, S. 61 und in der Gesamtausgabe des aus 50 Bil-
dern bestehenden Zyklus von Fel. A. Baumann, Götter, Helden und Daumier 1979,
S. 36 (Artemis Verlag, Reihe «Lebendige Antike>).
120 W. Schadewaldt, Der Aufbau der Ilias ... 1975, S. 62f.
121 P. Kretschmer, Mythische Namen, 1. Achill, In: Glotta 4. 1913, S. 305-308. Bericht
darüber von E. Bernert RE XX (1941) (im Art. <Phthia>). Mein Schüler K. U. Kazen-
wadel, jetzt Oberstudiendirektor in Nürtingen, hat mich 1958 erstmals auf diese bei-
den Arbeiten zur Stütze für meine Auffassung von den Ursprüngen der Achilleusge-
stalt hingewiesen, nachdem ich sie bisher übersehen hatte. Auch C. Robert, Die grie-
chische Heldensage, S. 767 (1920) nahm von Kretschmers Ausführungen keine Notiz.
 
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