Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts
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auf der Tagung der Generalstände in Blois 1577 die Forderung erhoben
wurde, das katholische Bekenntnis des Königs zum Bestandteil der lois
fondamentaux zu machen. In Reaktion auf den Frieden von Beaulieux
wurde die causa religionis in Gestalt der Sorge für die exklusive Stellung
der katholischen Kirche in Frankreich zum zentralen Punkt des Pro-
gramms der ersten Liga von 1576, in der sich vor allem Angehörige des
Adels zusammenschlossen, um den Glauben, den katholischen König
und ihre ständischen Privilegien zu verteidigen101. Diese Liga wurde für
die weitere Ausformung des Widerstandsrechts wichtig, weil sich ihre
Mitglieder im Interessen- und Loyalitätskonflikt zu einer antiroyalisti-
schen Prioritätensetzung verpflichteten. Ohne eine exclusio-regis-Klau-
sel gilt der absolute Gehorsam dem Anführer („chef“) der Liga; alle
Opponenten sollen vernichtet werden „sans acception ny exception de
personnes“. Das katholische Selbstbewußtsein und die tiefe Vergiftung
des politischen Lebens in Frankreich durch die Konfessionsgegensätze
zeigt sich in der Bestimmung, daß Austrittswillige und Renegaten „en
leur corps et biens . . . comme ennemis de Dieu, rebelles et perturba-
teurs du repos public“ anzugreifen seien102. Die potentielle Bedrohung
der Machtstellung des französischen Königtums durch dieses radikale
Programm103 beseitigte Heinrich III. allerdings dadurch, daß er sich
selbst zum Chef der Liga erklärte und im Edikt von Poitiers 1577 alle
Zusammenschlüsse und Vereinigungen auflöste.
Die Gefahr der protestantischen Nachfolge führte 1584/85 nach dem
Tode Franz’ von Alengon-Anjou zur Gründung der zweiten Liga als
„sainte union“ mit einem vor allem auf die causa religionis bezogenen
Programm. Die Liga wird geschaffen
„1. pour restablir l’Eglise de Dieu en tout le royaume et s’opposer aux
heretiques et chasser l’heresie;
2. pour pourvoir aux differens qui pourroient naistre en la succession
de la couronne de France apres la mort du Roy, puis qu’il n’avoit point
d’enfans;
101 Das Manifest der Picardie von 1576 vgl. bei Pierre Victor Palma Cayet, Chronologie
Novenaire. In: C. B. Petitot (ed.), Collection complete des memoires relatifs ä l’His-
toire de France Bd. 38 (Paris 1823), 254ff. Vgl. dazu auch Koenigsberger (s. Anm.
38), 346f.; Baumgartner (s. Anm. 105), 55f.
102 Petitot, 256 (Art. 6/7).
103 Die ständischen Forderungen sind in Art. 3 enthalten: Gründung der Liga „pour resti-
tuer aux provinces de ce royaume et estats d’iceluy les droits, preeminences, franchises
et libertez anciennes, telles qu’elles estoient du temps du roy Clovis, premier roy chre-
stien“ (ebd., 255).
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auf der Tagung der Generalstände in Blois 1577 die Forderung erhoben
wurde, das katholische Bekenntnis des Königs zum Bestandteil der lois
fondamentaux zu machen. In Reaktion auf den Frieden von Beaulieux
wurde die causa religionis in Gestalt der Sorge für die exklusive Stellung
der katholischen Kirche in Frankreich zum zentralen Punkt des Pro-
gramms der ersten Liga von 1576, in der sich vor allem Angehörige des
Adels zusammenschlossen, um den Glauben, den katholischen König
und ihre ständischen Privilegien zu verteidigen101. Diese Liga wurde für
die weitere Ausformung des Widerstandsrechts wichtig, weil sich ihre
Mitglieder im Interessen- und Loyalitätskonflikt zu einer antiroyalisti-
schen Prioritätensetzung verpflichteten. Ohne eine exclusio-regis-Klau-
sel gilt der absolute Gehorsam dem Anführer („chef“) der Liga; alle
Opponenten sollen vernichtet werden „sans acception ny exception de
personnes“. Das katholische Selbstbewußtsein und die tiefe Vergiftung
des politischen Lebens in Frankreich durch die Konfessionsgegensätze
zeigt sich in der Bestimmung, daß Austrittswillige und Renegaten „en
leur corps et biens . . . comme ennemis de Dieu, rebelles et perturba-
teurs du repos public“ anzugreifen seien102. Die potentielle Bedrohung
der Machtstellung des französischen Königtums durch dieses radikale
Programm103 beseitigte Heinrich III. allerdings dadurch, daß er sich
selbst zum Chef der Liga erklärte und im Edikt von Poitiers 1577 alle
Zusammenschlüsse und Vereinigungen auflöste.
Die Gefahr der protestantischen Nachfolge führte 1584/85 nach dem
Tode Franz’ von Alengon-Anjou zur Gründung der zweiten Liga als
„sainte union“ mit einem vor allem auf die causa religionis bezogenen
Programm. Die Liga wird geschaffen
„1. pour restablir l’Eglise de Dieu en tout le royaume et s’opposer aux
heretiques et chasser l’heresie;
2. pour pourvoir aux differens qui pourroient naistre en la succession
de la couronne de France apres la mort du Roy, puis qu’il n’avoit point
d’enfans;
101 Das Manifest der Picardie von 1576 vgl. bei Pierre Victor Palma Cayet, Chronologie
Novenaire. In: C. B. Petitot (ed.), Collection complete des memoires relatifs ä l’His-
toire de France Bd. 38 (Paris 1823), 254ff. Vgl. dazu auch Koenigsberger (s. Anm.
38), 346f.; Baumgartner (s. Anm. 105), 55f.
102 Petitot, 256 (Art. 6/7).
103 Die ständischen Forderungen sind in Art. 3 enthalten: Gründung der Liga „pour resti-
tuer aux provinces de ce royaume et estats d’iceluy les droits, preeminences, franchises
et libertez anciennes, telles qu’elles estoient du temps du roy Clovis, premier roy chre-
stien“ (ebd., 255).