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Dihle, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 2. Abhandlung): Der Prolog der "Bacchen" und die antike Überlieferungsphase des Euripides-Textes: vorgetragen am 18. November 1980 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47795#0014
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Albrecht Dihle

Offenbarungsankündigung des Verses 42 natürlich nur auf die Vorgän-
ge in Theben beziehe. Damit erkläre sich auch die Wiederholung Eg
rtjvÖE jiqcütov (20) und Kocnag öe Of|ßag (23). Der zweite Ausdruck
bezeichne eben nur die Reihenfolge der Aktivitäten des Gottes in Grie-
chenland. Das ist möglich, doch wäre die Verteilung der beiden „Offen-
barungsverse“ 22 und 42 auf Asien und Theben viel einleuchtender,
wenn V. 20 erst nach V. 22 stünde. Das hat wohl Pierson bewogen, die
entsprechende Umstellung vorzunehmen, freilich um den Preis einer
noch mehr ins Ohr fallenden Wiederholung ^QWTOv/jrpwTag. Der neue
Papyrus hat die handschriftlich überlieferte Reihenfolge bestätigt und
liefert ein Argument gegen Pierson’s Konjektur. Aber auch die von
Dodds gegebene Erklärung ist nicht zwingend. So, wie die Verse über-
liefert sind, enthalten sie von V. 13 bis V. 20 eine Beschreibung des dio-
nysischen Zuges durch die ganze Welt unter Einschluß Thebens, der er-
sten Stadt auf hellenischem Boden. Nichts hindert daran, das toikeI in
V. 21 auf alle von dem Zug berührten Örtlichkeiten zu beziehen, also
auch auf Theben.
Natürlich muß ein neuer Gott überall dort, wo er das erste Mal auf-
tritt, seine Göttlichkeit zeigen. Aber im vorliegenden Fall gilt das in be-
sonderem Maße für Theben, denn dort haben die Kadmostöchter die
Behauptung aufgestellt, Semele habe keinen göttlichen Sohn von Zeus
geboren (26f.) und ihr Tod durch den Blitz sei nur Strafe für ihre dies-
bezüglichen Lügen. Die Offenbarung des Gottes (EiKpavijg 22, (pavEVTO.
42) hat also eine spezielle Funktion nur im Hinblick auf sein Kommen
nach Theben, und darum verschießt eigentlich der Dichter sein Pulver
schon in den Versen 20—22 recht unnötigerweise.
Neben den überraschenden Wiederholungen gibt es im Prolog aber
auch sprachliche Singularitäten. 'AvoAöLu^a (24) wird nur an dieser
Stelle als Causativum gebraucht. Es ließe sich allenfalls parallel zu /o-
QEÜoag (21) verstehen, dessen causative Verwendung auch sonst für
Euripides bezeugt ist (Her. 686 lyr; 871), ferner jrXr)Qr)g mit dem Dativ
(18f.), und auch für den Ausdruck piydoiv "Ekkr|ai ßotQßäQoig O’öpoü
(18) wird man kaum eine genaue Parallele in der Sprache der Tragiker
finden.
Den größten Anstoß im Prolog liefern die Verse 13-19 mit der Be-
schreibung des dionysischen Zuges durch die ganze Welt. Es soll hier
nicht Strabons Kritik wiederholt werden, der die Verse 13-16 zitiert
(1,2,20) und Euripides als schlechten Geographen tadelt, der die Län-
der des Dionysos-Zuges in verkehrter Reihenfolge aufführe. Wir wer-
den eher als Strabon geneigt sein, dem Poeten in dieser Hinsicht einige
 
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