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Dihle, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 2. Abhandlung): Der Prolog der "Bacchen" und die antike Überlieferungsphase des Euripides-Textes: vorgetragen am 18. November 1980 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47795#0070
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Albrecht Dihle

Heeren das Opfer zu vollziehen, das zugleich die Götter gnädig stim-
men und günstige Zeichen für den Beginn der Kampfhandlungen her-
beiführen soll, weshalb ein Seher für diese Handlung besonders qualifi-
ziert ist (Eur. Hrcld. 673; Hdt. 6,112; Thuc. 6,69; Xen. Rep. Lac. 13,3;
vgl. P. Stengel, Opferbräuche 94). Die ocpdyta sind hier, Phoen. 1110,
die Opfertiere, nicht die Opferhandlung. Sehr viel unklarer ist der Aus-
druck V. 174. Die Apposition, yfjg cpikou[iciTOi ((pikcupaTou) poai, läßt
eher an das Opfer selbst denken, und nur mit Hilfe der Analogie des
Verses 1110 wird man die Aussage, sicher zu Recht, gleichfalls auf die
Opfertiere beziehen. Die Apposition hat zudem bei manchen Erklärern
(vgl. Sciarcella z.St.) die Vermutung provoziert, es sei eine Art Lustra-
tion gemeint, wie sie Polybios (6, 21, 8) und Athenaios (14, 626 F) für
eine Begebenheit in Mantinea bezeugen: Amphiaraos fahre mit den ge-
schlachteten Opfertieren über das präsumptive Schlachtfeld, um es mit
ihrem Blut zu reinigen. Eine solche Sitte ist als Kriegsbrauch vor der
Schlacht für die archaisch-klassische Zeit nirgends bezeugt. Der Aus-
druck yfjg (pikaipdTOV qocu - diese Lesart sollte man wohl doch in den
Text setzen - deuten proleptisch auf das Opfer, das mit den auf Am-
phiaraos' Wagen befindlichen Opfertieren gebracht werden wird. Frei-
lich ist diese Prolepsis allzu kühn und gleichzeitig vage formuliert, als
daß der Trimeter ohne weiteres verständlich sein könnte.
In den Versen 175ff. redet Antigone die Mondgöttin als Tochter des
Helios an, der seinerseits mit dem Epitheton kinapo^covog versehen ist.
Dieses erwartet man in der Tradition poetischer Sprache zunächst si-
cherlich nur als schmückendes Beiwort einer weiblichen Person, wie
ßct0üt,a)vog, KcdJd^tDvog, ÄOoepL’OÖ'Cojvog u.a., denn als Schmuckstück
gehört der Gürtel zur Frau, nur als Bestandteil der Waffenrüstung zum
Mann (/aZKÖ^cuvog als Epitheton des Herakles E. M. 436,18). Bei
Bakchylides (9,49) findet man dementsprechend auch /.ixaoögojvog als
Epitheton weiblicher Gottheiten.
An unserer Stelle ist gewiß an den Strahlenkranz der Sonne zu den-
ken, der sie mit einer glänzenden Zone umgibt. Diese poetische Wort-
prägung läßt sich kaum ohne das Vorbild des astronomisch-geographi-
schen Zonenbegriffs erklären. Der Terminus £(ovr| ist in diesem Zusam-
menhang noch Aristoteles unbekannt und zuerst bei Autolykos von Pi-
tane, dem Lehrer des Arkesilaos, also um 300 v. C., nachzuweisen (K.
Abel, Kl. Pauly 5, 1553), vom Hellenismus bis heute aber in der Fach-
sprache ungemein verbreitet. Auch Adjektive, die wie kinapo^cuvog ge-
bildet sind, finden sich in der astronomischen und geographischen Fach-
literatur immer wieder (LitTä^ayvog, öpö^wvog u. a.). Der poetischen
 
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