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Dihle, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 2. Abhandlung): Der Prolog der "Bacchen" und die antike Überlieferungsphase des Euripides-Textes: vorgetragen am 18. November 1980 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47795#0084
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Albrecht Dihle

empfunden und eindringlich gezeigt. Die topographischen Details be-
stätigen ihre Auffassung.
Der Interpolator hat nicht eben sorgfältig gearbeitet: Das Motiv des
Opfers vor der Schlacht, das er anläßlich der Erwähnung des Amphia-
raos in den Text brachte, hat bei Aischylos, dem er sonst nacheifert,
keine Parallele, doch fand es wohl oft seinen Platz in Schlachtbeschrei-
bungen archaischer und klassischer Zeit. Euripides hat es im ersten Bo-
tenbericht schon deshalb ausgelassen, weil es im zweiten Botenbericht,
vor dem Zweikampf der Brüder, Bedeutung gewinnt.
Wie schon bemerkt, stören auch die Verse 1100-1103 des Botenbe-
richtes. Daß sie nicht von dem Interpolator stammen können, der die
Einlage 1104-40 verfaßte, ergibt sich aus den topographischen Wider-
sprüchen und der Widersprüchlichkeit in der Schilderung des Angriffs,
die die Folge der beiden Partien verursacht. Es kommt noch etwas an-
deres hinzu. Innerhalb des Anfangs des Botenberichtes bis zum Vers
1103 widersprechen sich die Angaben über die Verteilung der Kontin-
gente auf die Tore, die Eteokles vornimmt und damit den angreifenden
Heerhaufen entsprechende Abteilungen entgegensetzt (kö/oug eveipev
EJTTd . . . nuXdg eq)’ ejitöl 1093ff.) mit dem Anmarsch des gesamten
Feindesheeres aus der Richtung von Teumessos (llOOff.). Diese Ver-
teilung paßt aber zu der gewiß echten Schlachtschilderung 1141ff. und
sogar zu der Interpolation 1104-1140, obgleich diese in anderen Punk-
ten - man denke an die Opfertiere des Amphiaraos, für deren Verwen-
dung der Ablauf der Ereignisse gar keine Zeit läßt oder die divergieren-
de Reihenfolge der Angreifer - sich in Widerspruch zur Schlachtschil-
derung setzt. Man muß daraus folgern, daß die Einlage 1104ff., die so
aufdringlich durch die Schildzeichenbeschreibung mit Aischylos kon-
kurriert, einem Botenbericht eingefügt wurde, der 1100-1103 noch
nicht enthielt. Andernfalls müßte man dem Interpolator geradezu die
Absicht unterstellen, Widersprüche zu schaffen, während ohne
1100—1103 beim schnellen Hören eigentlich kein großer Anstoß aus
der Kombination der Einleitung, der Schlachtschilderung und des Feld-
herrenkataloges zu bemerken ist. Die Wiederholung der Aufzählung
konnte man um so eher in Kauf nehmen, als in 1141 ff. nur fünf der sie-
ben Helden erwähnt werden. Selbst wenn für Euripides in den ‘Phoinis-
sen’ auf die Siebenzahl wenig ankam, ein Hörer oder Zuschauer mochte
sie genannt wünschen.
Es gibt also Indizien, die auf das Eindringen der Verse 1100—1103
nach demjenigen des Kataloges 1104-1140 in den Botenbericht deu-
ten. Später als der Katalog ist aber auch die Mauerschau am Beginn des
 
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