Metadaten

Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0055
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Achilleus in Jerusalem

45

Achilleis“ bildet. Auch wenn man mit Childs gegen Weitzmann die
Existenz einer die ganze Vita des Helden umfassenden literari-
schen Achilleis für zweifelhaft hält und nur eine „Erziehung des
Achilleus“ voraussetzt, darüber hinaus jedoch die Bezüge zur Ilias
und zum „epischen Zyklus“ als ausreichend betrachtet, ist die zeit-
liche Einordnung des Tellers durch Weitzmann unbezweifelbar.
Die Messingkanne aus dem Rockefeller Museum in Jerusalem tritt
jetzt neben den koptischen Bronzeteller und verstärkt gleichzeitig -
trotz aller Abweichungen im einzelnen - das Gewicht des Berichts
der Ilias".
3.3 Ikonographisch stellt die Kanne - ähnlich wie jene koptische
Schale - einen höchst eigenwilligen, letzten Ausläufer jener beliebten
Achilleus-Zyklen dar, die die Vita des großen - in der Antike neben
Herakles wohl volkstümlichsten - Helden ganz oder teilweise zum
Inhalt hatten. Freilich ist das Thema dieses ganz kleinen „Zyklus“
von vier Bildern nicht, wie bei der Silberschale von Kaiseraugst und
ihren Parallelen, die „Erziehung“ des Heroen, sondern der tra-
gische Höhepunkt seines Lebens, sein Sieg über Hektor, der das
Ende der Ilias darstellte. Aber gerade das letzte Motiv der Lösung
bildet auch bei anderen Achilleus-Zyklen den krönenden Ab-
schluß seiner Vita, etwa bei dem sogenannten nordafrikanischen
Tonrelief und bei der koptischen Schale, auf der ja auch das Motiv
der Wägung erscheint (s. o. S. 23 f.).
Die Ursachen der spätantiken Vorliebe für Achilleus waren viel-
fältig. In einer jüngst veröffentlichten Studie „Caracalla und Achill
im griechischen Osten“ hat V. von Gonzenbach99 100 die überraschen-
de Zunahme von Achilleus-Darstellungen und -Zyklen ab dem
3. Jh. n. Chr. mit der schwärmerischen Verehrung dieses kriegs-
begeisterten Kaisers für den homerischen Helden in Verbindung
gebracht. Zugleich ist diese Vorliebe typisch für das Jahrhundert
der Soldatenkaiser und für die politische Rolle des Heeres in jener
stürmischen Zeit. Die Verfasserin hob dabei auch die zahlreichen
Achilleus-Sarkophage und -Mosaiken in Syrien und Palästina her-
99 K. Weitzmann, Greek Mythology in Byzantine Art, 1951, 19 ff.; ders. op. cit.
(Anm. 34) 236; ähnlich J. W. Salomonson, op. cit. (Anm. 37) 80. S. dagegen
W. A. P. Childs, op. cit. (Anm. 66) 23 ff.
100 In: Studies in Classical Art and Archaeology (Festschrift Blanckenhagen), 1979,
283-290.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften