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Martin Hengel
die sich mit ihrer Darstellung der Taten des Herakles als eine noch
spätere toreutische Arbeit aus dem Ende des 7. bzw. beginnenden
8. Jhdts. erweist. Beide Kannen, die von Jerusalem wie die von
Samos, sind jede auf ihre Weise „ein Zeuge für das Weiterleben der
antiken Mythologie in einer schon christlich gewordenen Welt“120,
wobei das Jerusalemer Stück den antiken Vorbildern sehr viel
näher steht, zumal es doch noch ca. 100-150 Jahre älter ist. Es ist
gerade an ihm auffallend, daß man nahezu jedes ikonographische
Motiv, sowohl vom Inhalt her wie auch im Blick auf die äußere
Form, bis in die hellenistische Zeit, ja z. T. bis in die klassische und
spätarchaische Epoche zurückverfolgen kann. Diese erstaunliche
Kontinuität der Motive und Formen macht das späte Kunstwerk
besonders interessant.
Das Gefäß selbst ist gegossen, es scheint jedoch aus einzelnen
Stücken zusammengesetzt zu sein. Dies gilt vor allem für den auf-
gesetzten Hals und den hohen Sockel121. Möglicherweise weist
seine einzigartige Form auf das Werk eines Außenseiters hin, etwa
eines Handwerkers, der nicht auf Gefäße spezialisiert war, sondern
sich allgemein mit toreutischen Arbeiten, z. B. auch der Herstel-
lung von Helmen, Rüstungen etc., befaßte122. Allerdings können
wir damit wieder nur Vermutungen äußern, hier wird nur eine
eingehende technische Untersuchung weitere Erkenntnisse ver-
mitteln.
demie der Wissenschaften 1943, Phil.-hist. Kl. Nr. 17, 1944, zur Datierung zu
Beginn des 8. Jhdts. s. S. 10: „Sie mag als zweitrangiges provinzielles Werk,
als nicht sehr reiner Spiegel höherstehender hauptstädtischer Silberwerke, die
Zeit kurz vor dem Bilderstreit oder seiner ersten Anfänge, also gerade den
Endpunkt der Antike, des antiken Körperstils bezeichnen“. Dort auch ein Ver-
gleich der frühbyzantinischen toreutischen Funde. Zur Kleeblattöffnung s.
A. Radnöti, Die Römischen Bronzegefäße von Pannonien, Dissertationes Pan-
nonicae II, 6 Budapest/Leipzig 1938, 145-155: Die Form geht bis „in die klassi-
sche griechische Zeit zurück“ (149). S. dazu T. XLIX. Auffallend ist, daß keines
der zahlreichen von Radnöti T. XXXIX-LXXX abgebildeten Stücke wirkliche
Ähnlichkeit mit unserer Kanne besitzt.
120 E. Buschor, op. cit. 31 vgl. 32. Sperrung vom Verfasser: „Dabei hat es vielleicht
Zeiten gegeben, die sich mit einer gewissen Betontheit den mythischen Stoffen
der Antike zuwandten“, vgl. dazu schon L. Matzulewitsch, op. cit. (Anm. 63),
121 f. für das 6. und frühe 7. Jh.
121 Dazu Alfred Mutz, Die Kunst des Metalldrehens bei den Römern. Interpre-
tationen antiker Arbeitsverfahren aufgrund von Werkspuren, Basel/Stuttgart
1972, 45-48: „Mechanische Verbindungsarten“.
122 Vorschlag von Herrn Dr. G. Garner vom Archäologischen Institut der Univer-
sität Tübingen.
Martin Hengel
die sich mit ihrer Darstellung der Taten des Herakles als eine noch
spätere toreutische Arbeit aus dem Ende des 7. bzw. beginnenden
8. Jhdts. erweist. Beide Kannen, die von Jerusalem wie die von
Samos, sind jede auf ihre Weise „ein Zeuge für das Weiterleben der
antiken Mythologie in einer schon christlich gewordenen Welt“120,
wobei das Jerusalemer Stück den antiken Vorbildern sehr viel
näher steht, zumal es doch noch ca. 100-150 Jahre älter ist. Es ist
gerade an ihm auffallend, daß man nahezu jedes ikonographische
Motiv, sowohl vom Inhalt her wie auch im Blick auf die äußere
Form, bis in die hellenistische Zeit, ja z. T. bis in die klassische und
spätarchaische Epoche zurückverfolgen kann. Diese erstaunliche
Kontinuität der Motive und Formen macht das späte Kunstwerk
besonders interessant.
Das Gefäß selbst ist gegossen, es scheint jedoch aus einzelnen
Stücken zusammengesetzt zu sein. Dies gilt vor allem für den auf-
gesetzten Hals und den hohen Sockel121. Möglicherweise weist
seine einzigartige Form auf das Werk eines Außenseiters hin, etwa
eines Handwerkers, der nicht auf Gefäße spezialisiert war, sondern
sich allgemein mit toreutischen Arbeiten, z. B. auch der Herstel-
lung von Helmen, Rüstungen etc., befaßte122. Allerdings können
wir damit wieder nur Vermutungen äußern, hier wird nur eine
eingehende technische Untersuchung weitere Erkenntnisse ver-
mitteln.
demie der Wissenschaften 1943, Phil.-hist. Kl. Nr. 17, 1944, zur Datierung zu
Beginn des 8. Jhdts. s. S. 10: „Sie mag als zweitrangiges provinzielles Werk,
als nicht sehr reiner Spiegel höherstehender hauptstädtischer Silberwerke, die
Zeit kurz vor dem Bilderstreit oder seiner ersten Anfänge, also gerade den
Endpunkt der Antike, des antiken Körperstils bezeichnen“. Dort auch ein Ver-
gleich der frühbyzantinischen toreutischen Funde. Zur Kleeblattöffnung s.
A. Radnöti, Die Römischen Bronzegefäße von Pannonien, Dissertationes Pan-
nonicae II, 6 Budapest/Leipzig 1938, 145-155: Die Form geht bis „in die klassi-
sche griechische Zeit zurück“ (149). S. dazu T. XLIX. Auffallend ist, daß keines
der zahlreichen von Radnöti T. XXXIX-LXXX abgebildeten Stücke wirkliche
Ähnlichkeit mit unserer Kanne besitzt.
120 E. Buschor, op. cit. 31 vgl. 32. Sperrung vom Verfasser: „Dabei hat es vielleicht
Zeiten gegeben, die sich mit einer gewissen Betontheit den mythischen Stoffen
der Antike zuwandten“, vgl. dazu schon L. Matzulewitsch, op. cit. (Anm. 63),
121 f. für das 6. und frühe 7. Jh.
121 Dazu Alfred Mutz, Die Kunst des Metalldrehens bei den Römern. Interpre-
tationen antiker Arbeitsverfahren aufgrund von Werkspuren, Basel/Stuttgart
1972, 45-48: „Mechanische Verbindungsarten“.
122 Vorschlag von Herrn Dr. G. Garner vom Archäologischen Institut der Univer-
sität Tübingen.