Sir Ronald Syme, 'Die römische Revolution’ und die deutsche Althistorie 9
ten deutschen 'Vorgängern’, vor allem den Prosopographen unter
ihnen; aber er benützte die Inschriften, im Gegensatz zu der zentralen
Tätigkeit von Münzer, Groag und Stein, nicht nur für die Identifi-
zierung der 'missing persons’ und für die Bestimmung der Herkunft,
Laufbahn und Familienverbindungen einzelner Personen, sondern
auch als Quellen für eine zusammenhängende politische Geschichte10.
Vor allem ist es jedoch Symes Art, die literarischen Quellen als
Geschichtsquellen zu benützen, worin die Einheit der Klassischen
Altertumswissenschaft zum Ausdruck kommt. Während in Deutsch-
land die Alte Geschichte und die Klassische Philologie zwei vonein-
ander - wenn auch noch nicht so sehr wie heute - getrennte aka-
demische Fächer waren, behandelte Syme die antike Literatur so,
daß es ganz unmöglich ist zu entscheiden, ob 'Die römische Revolu-
tion’ von einem Historiker geschrieben wurde, der sich in Literatur
als Ausdruck der Mentalität und des politischen Verhaltens besonders
gut einzufühlen vermag, oder von einem Philologen, der sich nicht
so sehr für ästhetische Probleme, als für den historischen Hinter-
grund und Aussagewert der Literatur interessiert11. Um diesen Gegen-
satz zu verdeutlichen, dürfte es genügen, auf zwei deutsche Gelehrten
hinzuweisen, die Syme hochschätzte. Der eine ist R. Heinze, Ver-
fasser des Werkes 'Vom Geist des Römertums’, der andere A. von
Premerstein, der Autor des Buches 'Vom Werden und Wesen des
Prinzipats’12: Im Gegensatz zu Syme war der eine unverkennbar
ein Philologe, der zweite Historiker. Wie allgemein bekannt, ahmte
Syme nicht nur den Stil des Sallust und vor allem des Tacitus nach,
sondern fügte die antiken literarischen Quellen in seinen eigenen Text
so ein, daß diese nicht nur - wie in der modernen Geschichtswissen-
schaft üblich - als Belege für seine Ansichten, sondern unmittelbar
als Elemente seiner narrativen Geschichtsschreibung dienten. A. Rü-
stow, von dem die erste - und günstigste - deutsche Besprechung
der 'Römischen Revolution’ stammt, bewunderte zu Recht 'die höchst
geistvolle Kunst und Kraft, ... mit der hier Fremdes geradezu trans-
10 Vgl. dazu G. Alföldy, AJAH 4, 1979 (1981), 168 ff.
11 Zu den literarischen Interessen Symes vgl. G. W. Bowersock, a.a.O. (oben Anm. 5),
11 und F. Millar, a.a.O. (oben Anm. 2), 150f.
12 R. Heinze, Vom Geist des Römertums, Leipzig-Berlin 1938 (zu Heinzes Bedeutung
für Syme vgl. F. Millar, a.a.O., 145); A. von Premerstein, Vom Werden und Wesen
des Prinzipats, Abh. d. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Abt., N. F. 15, München
1937.
ten deutschen 'Vorgängern’, vor allem den Prosopographen unter
ihnen; aber er benützte die Inschriften, im Gegensatz zu der zentralen
Tätigkeit von Münzer, Groag und Stein, nicht nur für die Identifi-
zierung der 'missing persons’ und für die Bestimmung der Herkunft,
Laufbahn und Familienverbindungen einzelner Personen, sondern
auch als Quellen für eine zusammenhängende politische Geschichte10.
Vor allem ist es jedoch Symes Art, die literarischen Quellen als
Geschichtsquellen zu benützen, worin die Einheit der Klassischen
Altertumswissenschaft zum Ausdruck kommt. Während in Deutsch-
land die Alte Geschichte und die Klassische Philologie zwei vonein-
ander - wenn auch noch nicht so sehr wie heute - getrennte aka-
demische Fächer waren, behandelte Syme die antike Literatur so,
daß es ganz unmöglich ist zu entscheiden, ob 'Die römische Revolu-
tion’ von einem Historiker geschrieben wurde, der sich in Literatur
als Ausdruck der Mentalität und des politischen Verhaltens besonders
gut einzufühlen vermag, oder von einem Philologen, der sich nicht
so sehr für ästhetische Probleme, als für den historischen Hinter-
grund und Aussagewert der Literatur interessiert11. Um diesen Gegen-
satz zu verdeutlichen, dürfte es genügen, auf zwei deutsche Gelehrten
hinzuweisen, die Syme hochschätzte. Der eine ist R. Heinze, Ver-
fasser des Werkes 'Vom Geist des Römertums’, der andere A. von
Premerstein, der Autor des Buches 'Vom Werden und Wesen des
Prinzipats’12: Im Gegensatz zu Syme war der eine unverkennbar
ein Philologe, der zweite Historiker. Wie allgemein bekannt, ahmte
Syme nicht nur den Stil des Sallust und vor allem des Tacitus nach,
sondern fügte die antiken literarischen Quellen in seinen eigenen Text
so ein, daß diese nicht nur - wie in der modernen Geschichtswissen-
schaft üblich - als Belege für seine Ansichten, sondern unmittelbar
als Elemente seiner narrativen Geschichtsschreibung dienten. A. Rü-
stow, von dem die erste - und günstigste - deutsche Besprechung
der 'Römischen Revolution’ stammt, bewunderte zu Recht 'die höchst
geistvolle Kunst und Kraft, ... mit der hier Fremdes geradezu trans-
10 Vgl. dazu G. Alföldy, AJAH 4, 1979 (1981), 168 ff.
11 Zu den literarischen Interessen Symes vgl. G. W. Bowersock, a.a.O. (oben Anm. 5),
11 und F. Millar, a.a.O. (oben Anm. 2), 150f.
12 R. Heinze, Vom Geist des Römertums, Leipzig-Berlin 1938 (zu Heinzes Bedeutung
für Syme vgl. F. Millar, a.a.O., 145); A. von Premerstein, Vom Werden und Wesen
des Prinzipats, Abh. d. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Abt., N. F. 15, München
1937.