Geza Alföldy
'Die römische Revolution’
und die zeitgenössische deutsche Wissenschaft
'Die römische Revolution’, die in Oxford wenige Tage nach dem
Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erschienen ist, stellte - trotz aller
Vorbilder und Einflüsse - sowohl in methodischer Hinsicht als auch
im Hinblick auf ihre wichtigsten Thesen, doch auch durch die Art,
wie ein oft behandeltes Thema literarisch bewältigt wurde, etwas
Neues dar. Es empfiehlt sich, die charakteristischen Elemente dieses
Werkes im Rahmen eines Vergleiches mit der Darstellung des glei-
chen Gegenstandes - des Unterganges der Republik und der Begrün-
dung des Prinzipates in Rom - in der zeitgenössischen deutschen
Geschichtsschreibung aufzuzeigen. Gemeint sind die wichtigsten
Werke, die über das gleiche Thema in Deutschland und auch von
einigen Forschem deutscher Sprache und Kultur in anderen Ländern
während der Generation vom Ende des Ersten Weltkrieges bis zu
Beginn der fünfziger Jahre veröffentlicht wurden, als 'Die römische
Revolution’ endlich auch in Deutschland allgemein bekannt wurde.
Erstens, die Benützung der Quellen. 'One uses what one has, and
there is work to be done’, lautet ein oft zitierter Satz von Ronald
Syme9. Die Hauptquellen für die Geschichte der Späten Republik
und für den Prinzipat des Augustus sind literarische Quellen; auch
die 'Res Gestae Divi Augusti’ sind, trotz ihrer Überlieferung durch
epigraphische Dokumente, als literarisches Produkt zu betrachten.
Syme hat freilich, sowohl für 'Die römische Revolution’ als auch in
seinen übrigen Werken, auch die Inschriften konsequenter als die
meisten Forscher seiner Generation ausgewertet. Durch die systema-
tische Heranziehung der Epigraphik für die Geschichte - in einem
Zeitalter, in welchem die römische Epigraphik in Deutschland, trotz
Mommsens Aktivität, kaum mehr als eine 'Hilfswissenschaft’, als
etwas Minderwertigeres als die auf literarischen und juristischen
Quellen basierende politische Geschichte und Verfassungsgeschichte,
zählte, praktizierte er die ungeteilte Altertumswissenschaft, wie diese,
wenn auch in einer ganz anderen Art und Weise, auch von M. Rostov-
tzeff und A. Alföldi vertreten wurde. Durch diese Berücksichtigung
der epigraphischen Quellen folgte Syme freilich seinen oben genann-
9 JRS 58, 1968, 145 = Roman Papers, Oxford 1979, II 711.
'Die römische Revolution’
und die zeitgenössische deutsche Wissenschaft
'Die römische Revolution’, die in Oxford wenige Tage nach dem
Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erschienen ist, stellte - trotz aller
Vorbilder und Einflüsse - sowohl in methodischer Hinsicht als auch
im Hinblick auf ihre wichtigsten Thesen, doch auch durch die Art,
wie ein oft behandeltes Thema literarisch bewältigt wurde, etwas
Neues dar. Es empfiehlt sich, die charakteristischen Elemente dieses
Werkes im Rahmen eines Vergleiches mit der Darstellung des glei-
chen Gegenstandes - des Unterganges der Republik und der Begrün-
dung des Prinzipates in Rom - in der zeitgenössischen deutschen
Geschichtsschreibung aufzuzeigen. Gemeint sind die wichtigsten
Werke, die über das gleiche Thema in Deutschland und auch von
einigen Forschem deutscher Sprache und Kultur in anderen Ländern
während der Generation vom Ende des Ersten Weltkrieges bis zu
Beginn der fünfziger Jahre veröffentlicht wurden, als 'Die römische
Revolution’ endlich auch in Deutschland allgemein bekannt wurde.
Erstens, die Benützung der Quellen. 'One uses what one has, and
there is work to be done’, lautet ein oft zitierter Satz von Ronald
Syme9. Die Hauptquellen für die Geschichte der Späten Republik
und für den Prinzipat des Augustus sind literarische Quellen; auch
die 'Res Gestae Divi Augusti’ sind, trotz ihrer Überlieferung durch
epigraphische Dokumente, als literarisches Produkt zu betrachten.
Syme hat freilich, sowohl für 'Die römische Revolution’ als auch in
seinen übrigen Werken, auch die Inschriften konsequenter als die
meisten Forscher seiner Generation ausgewertet. Durch die systema-
tische Heranziehung der Epigraphik für die Geschichte - in einem
Zeitalter, in welchem die römische Epigraphik in Deutschland, trotz
Mommsens Aktivität, kaum mehr als eine 'Hilfswissenschaft’, als
etwas Minderwertigeres als die auf literarischen und juristischen
Quellen basierende politische Geschichte und Verfassungsgeschichte,
zählte, praktizierte er die ungeteilte Altertumswissenschaft, wie diese,
wenn auch in einer ganz anderen Art und Weise, auch von M. Rostov-
tzeff und A. Alföldi vertreten wurde. Durch diese Berücksichtigung
der epigraphischen Quellen folgte Syme freilich seinen oben genann-
9 JRS 58, 1968, 145 = Roman Papers, Oxford 1979, II 711.