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Geza Alföldy
Historiographie, exemplarisch verkörpert durch B. G. Niebuhr und
Th. Mommsen - durch den jungen Mommsen, den Verfasser der
'Römischen Geschichte’140.
Es wäre sicherlich sehr aufschlußreich, Niebuhr und Mommsen
mit Syme eingehend zu vergleichen und die zahlreichen gemein-
samen Elemente in der Gelehrtenbiographie aufzuzeigen wie z.B.
die Bedeutung von Reisen und der eigenständigen Erfahrung mit
Politik, die Syme als Voraussetzungen für den Beruf des Historikers
hervorhob141. Doch kann ich hier nur kurz auf die zentralen Elemente
der 'Römischen Revolution’ zurückkommen, wie sie im ersten Teil
dieser Studie aufgelistet wurden:
Erstens, der Gebrauch der Quellen und 'die ungeteilte Altertums-
wissenschaft’. Niebuhr begriff 'die alte Geschichte hauptsächlich als
einen Bestandteil der Philologie, als eine philologische Disziplin, als
ein Mittel der Interpretation und der philologischen Kenntnisse’, und
seine Methode wird nicht ohne Grund als 'historisch-philologische
Methode’ bezeichnet142. Was Mommsen anbelangt, der übrigens die
Berichte antiker Autoren in der 'Römischen Geschichte’ ähnlich
organisch wie Syme in der 'Römischen Revolution’ verarbeitete, dürfte
es genügen, zu zitieren, was dieser Universal-Altertumswissenschaftler
einmal über die Befreiung der Altertumswissenschaft von den künst-
lichen Grenzen zwischen den einzelnen Disziplinen äußerte. 'Es ist
mir beschieden gewesen, an dem großen Umschwung, den die Besei-
tigung zufälliger und zum guten Teil widersinniger, hauptsächlich aus
den Fakultätsordnungen der Universitäten hervorgegangener Schran-
ken in der Wissenschaft herbeigeführt hat, in langer und ernster
Arbeit mitzuwirken. Die Epoche, wo der Geschichtsforscher von der
Rechtswissenschaft nichts wissen wollte, in der der Rechtsgelehrte
die geschichtliche Forschung nur innerhalb seines Zaunes betrieb,
wo es dem Philologen wie ein Allotrium erschien, die Digesten auf-
zuschlagen, und der Romanist von der alten Literatur nichts kannte
als das Corpus iuris, wo zwischen den beiden Hälften des römischen
140 Die ersten drei Bände der 'Römischen Geschichte’ Mommsens sind in den Jahren
1854-1856 entstanden; das 'Römische Staatsrecht’ erschien in erster Auflage im
Jahre 1871.
141 R. Syme, Papers of the British Academy 48, 1962, 40; ders., in: Gibbon et Rome
ä la lumiere de l’historiographie moderne, Geneve 1977, 53; vgl. auch ders.,
Ten Studies in Tacitus, Oxford 1970, 13.
142 K. Christ, Von Gibbon zu Rostovtzeff. Leben und Werk führender Althistoriker
der Neuzeit, Darmstadt 1972,40, nach B. G. Niebuhr, Vorträge über alte Geschichte
I, Bonn 1847, 6.
Geza Alföldy
Historiographie, exemplarisch verkörpert durch B. G. Niebuhr und
Th. Mommsen - durch den jungen Mommsen, den Verfasser der
'Römischen Geschichte’140.
Es wäre sicherlich sehr aufschlußreich, Niebuhr und Mommsen
mit Syme eingehend zu vergleichen und die zahlreichen gemein-
samen Elemente in der Gelehrtenbiographie aufzuzeigen wie z.B.
die Bedeutung von Reisen und der eigenständigen Erfahrung mit
Politik, die Syme als Voraussetzungen für den Beruf des Historikers
hervorhob141. Doch kann ich hier nur kurz auf die zentralen Elemente
der 'Römischen Revolution’ zurückkommen, wie sie im ersten Teil
dieser Studie aufgelistet wurden:
Erstens, der Gebrauch der Quellen und 'die ungeteilte Altertums-
wissenschaft’. Niebuhr begriff 'die alte Geschichte hauptsächlich als
einen Bestandteil der Philologie, als eine philologische Disziplin, als
ein Mittel der Interpretation und der philologischen Kenntnisse’, und
seine Methode wird nicht ohne Grund als 'historisch-philologische
Methode’ bezeichnet142. Was Mommsen anbelangt, der übrigens die
Berichte antiker Autoren in der 'Römischen Geschichte’ ähnlich
organisch wie Syme in der 'Römischen Revolution’ verarbeitete, dürfte
es genügen, zu zitieren, was dieser Universal-Altertumswissenschaftler
einmal über die Befreiung der Altertumswissenschaft von den künst-
lichen Grenzen zwischen den einzelnen Disziplinen äußerte. 'Es ist
mir beschieden gewesen, an dem großen Umschwung, den die Besei-
tigung zufälliger und zum guten Teil widersinniger, hauptsächlich aus
den Fakultätsordnungen der Universitäten hervorgegangener Schran-
ken in der Wissenschaft herbeigeführt hat, in langer und ernster
Arbeit mitzuwirken. Die Epoche, wo der Geschichtsforscher von der
Rechtswissenschaft nichts wissen wollte, in der der Rechtsgelehrte
die geschichtliche Forschung nur innerhalb seines Zaunes betrieb,
wo es dem Philologen wie ein Allotrium erschien, die Digesten auf-
zuschlagen, und der Romanist von der alten Literatur nichts kannte
als das Corpus iuris, wo zwischen den beiden Hälften des römischen
140 Die ersten drei Bände der 'Römischen Geschichte’ Mommsens sind in den Jahren
1854-1856 entstanden; das 'Römische Staatsrecht’ erschien in erster Auflage im
Jahre 1871.
141 R. Syme, Papers of the British Academy 48, 1962, 40; ders., in: Gibbon et Rome
ä la lumiere de l’historiographie moderne, Geneve 1977, 53; vgl. auch ders.,
Ten Studies in Tacitus, Oxford 1970, 13.
142 K. Christ, Von Gibbon zu Rostovtzeff. Leben und Werk führender Althistoriker
der Neuzeit, Darmstadt 1972,40, nach B. G. Niebuhr, Vorträge über alte Geschichte
I, Bonn 1847, 6.