Die orientalisierende Epoche
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war auch die Entdeckung des 'pythagoreischen Lehrsatzes’ in der Babylonischen
Mathematik ein Jahrtausend vor Pythagoras19. Von den deutschen Philologen be-
hielt nur Franz Domseiff die östlichen Hochkulturen von Israel bis Anatolien
stets im Blick, gerierte sich freilich eben damit als Außenseiter.
Franz Domseiff war damit einer der ersten, den neuen Vorstoß vom Orient ins
klassische Griechentum zu würdigen, der sich mit der Entzifferung der hethiti-
schen mythologischen Texte ereignet hat20. Doch fanden die Hinweise auf 'Illu-
yankas und Typhon’ zunächst geringes Echo. Den Durchbruch brachte der 1946
veröffentlichte Text vom 'Königtum im Himmel’ mit der Kastration des Himmels-
gottes, der Parallele Kumarbi-Kronos. Dies wurde, nicht zuletzt dank der kundigen
Vermittlung Albin Leskys, seit den Fünfzigerjahren zu einem festen Lehrstück
der Klassischen Philologie21. Daß mit den Hethitern ein indogermanisches Volk
für Orientkontakte zuständig wurde, betreut von den befreundeten Indogermani-
sten, war dabei nicht unwichtig. Doch ist im Gefolge der hethitischen dann auch
die ugaritische Epik und Mythologie in den Gesichtskreis der Gräzisten getre-
ten22, und auch die griechischen Fragmente des Philon von Byblos gewannen
wieder aktuelles Interesse23. Neben den mythischen Motiven wurde auch die
Technik der Erzählung und überhaupt die literarische Form der Epik vergleichend
untersucht. Das homerische Epos steht seither nicht mehr isoliert, es hebt sich
ab vom Hintergrund vergleichbarer orientalischer Literaturformen.
Doch eine neue Abschirmung hat sich rasch eingespielt: Daß in der Bronze-
zeit enge Kontakte zwischen Orient, Ägypten und der mykenischen Welt be-
standen, daß geradezu eine 'Ägäische Koine’ im 13. Jh. festzustellen ist, dies wird
sehen Fixsternhimmel, ib. 1913, 11; Eine neue babylonisch-griechische Parallele, Auf-
sätze zur Kultur- und Sprachgeschichte E. Kuhn gewidmet (1916) 226-35; Sternglaube
und Sterndeutung (1918, 19314); vgl. auch F. Boll, Zur babylonischen Planetenordnung,
ZA 25 (1911) 372-77; Neues zur babylonischen Planetenordnung, ib. 28 (1914) 340-51;
Antike Beobachtungen farbiger Sterne, Abh. München 30, 1916; Nachruf auf Carl Be-
zold, Kleine Schriften zur Sternkunde des Altertums (1950) 397-405, vgl. XXIIIf.
19 0. Neugebauer, Zur Geschichte des Pythagoräischen Lehrsatzes, NGG math.-ph. Kl.
1928, 45-8; vgl. Burkert (1972b) 429.
20 Dornseiff (1933) 25-7 nach E. Honigmann 'Syria’ RE IV A (1932) 1577; W. Porzig,
Illuyankas und Typhon, Kleinasiatische Forschungen I 3 (1930) 379-86. - Dornseiff
(1937), vgl. (1934).
21 H. G. Güterbock, Kumarbi, Mythen vom churritischen Kronos (1946); The Song of
Ullikummi (1952); vgl. Lesky (1950), (1954), (1955); Dirlmeier (1955); Heubeck (1955);
Steiner (1958); Walcot (1966); West (1966).
22 Lesky (1955); Dirlmeier (1955); Gordon (1955) mit Rz. A. Lesky Gnomon 29 (1957)
321-5; Webster (1956), (1958). Weitgehend Astour (1966), kritisch J. Boardman CR 16
(1966) 86-8.
23 Eissfeldt (1939), (1952); Heubeck (1955); vgl. aber jetzt Baumgarten (1981).
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war auch die Entdeckung des 'pythagoreischen Lehrsatzes’ in der Babylonischen
Mathematik ein Jahrtausend vor Pythagoras19. Von den deutschen Philologen be-
hielt nur Franz Domseiff die östlichen Hochkulturen von Israel bis Anatolien
stets im Blick, gerierte sich freilich eben damit als Außenseiter.
Franz Domseiff war damit einer der ersten, den neuen Vorstoß vom Orient ins
klassische Griechentum zu würdigen, der sich mit der Entzifferung der hethiti-
schen mythologischen Texte ereignet hat20. Doch fanden die Hinweise auf 'Illu-
yankas und Typhon’ zunächst geringes Echo. Den Durchbruch brachte der 1946
veröffentlichte Text vom 'Königtum im Himmel’ mit der Kastration des Himmels-
gottes, der Parallele Kumarbi-Kronos. Dies wurde, nicht zuletzt dank der kundigen
Vermittlung Albin Leskys, seit den Fünfzigerjahren zu einem festen Lehrstück
der Klassischen Philologie21. Daß mit den Hethitern ein indogermanisches Volk
für Orientkontakte zuständig wurde, betreut von den befreundeten Indogermani-
sten, war dabei nicht unwichtig. Doch ist im Gefolge der hethitischen dann auch
die ugaritische Epik und Mythologie in den Gesichtskreis der Gräzisten getre-
ten22, und auch die griechischen Fragmente des Philon von Byblos gewannen
wieder aktuelles Interesse23. Neben den mythischen Motiven wurde auch die
Technik der Erzählung und überhaupt die literarische Form der Epik vergleichend
untersucht. Das homerische Epos steht seither nicht mehr isoliert, es hebt sich
ab vom Hintergrund vergleichbarer orientalischer Literaturformen.
Doch eine neue Abschirmung hat sich rasch eingespielt: Daß in der Bronze-
zeit enge Kontakte zwischen Orient, Ägypten und der mykenischen Welt be-
standen, daß geradezu eine 'Ägäische Koine’ im 13. Jh. festzustellen ist, dies wird
sehen Fixsternhimmel, ib. 1913, 11; Eine neue babylonisch-griechische Parallele, Auf-
sätze zur Kultur- und Sprachgeschichte E. Kuhn gewidmet (1916) 226-35; Sternglaube
und Sterndeutung (1918, 19314); vgl. auch F. Boll, Zur babylonischen Planetenordnung,
ZA 25 (1911) 372-77; Neues zur babylonischen Planetenordnung, ib. 28 (1914) 340-51;
Antike Beobachtungen farbiger Sterne, Abh. München 30, 1916; Nachruf auf Carl Be-
zold, Kleine Schriften zur Sternkunde des Altertums (1950) 397-405, vgl. XXIIIf.
19 0. Neugebauer, Zur Geschichte des Pythagoräischen Lehrsatzes, NGG math.-ph. Kl.
1928, 45-8; vgl. Burkert (1972b) 429.
20 Dornseiff (1933) 25-7 nach E. Honigmann 'Syria’ RE IV A (1932) 1577; W. Porzig,
Illuyankas und Typhon, Kleinasiatische Forschungen I 3 (1930) 379-86. - Dornseiff
(1937), vgl. (1934).
21 H. G. Güterbock, Kumarbi, Mythen vom churritischen Kronos (1946); The Song of
Ullikummi (1952); vgl. Lesky (1950), (1954), (1955); Dirlmeier (1955); Heubeck (1955);
Steiner (1958); Walcot (1966); West (1966).
22 Lesky (1955); Dirlmeier (1955); Gordon (1955) mit Rz. A. Lesky Gnomon 29 (1957)
321-5; Webster (1956), (1958). Weitgehend Astour (1966), kritisch J. Boardman CR 16
(1966) 86-8.
23 Eissfeldt (1939), (1952); Heubeck (1955); vgl. aber jetzt Baumgarten (1981).