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Burkert, Walter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 1. Abhandlung): Die orientalisierende Epoche in der griechischen Religion und Literatur: vorgetragen am 8. Mai 1982 — Heidelberg: Winter, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.47812#0027
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Die orientalisierende Epoche

17

Auch hier geht es um den Erzhandel, vor allem mit Etruskern, wobei die phö-
nikische Route Cypem-Karthago-Sardinien die griechische von Euboia über
Ithaka nach Pithekussai gleichsam umklammert. In diesem Zusammenhang tre-
ten auch die ersten Zeugnisse der griechischen Schrift auf, in Euboia, Naxos,
Pithekussai und Athen12. Ortsnamen wie Soloi 'Metallbarren’, Chalkis 'Erzingen’
und Tarsis 'Schmelze’13 markieren die Interessen der Wirtschaft ebenso wie jener
Vers der Odyssee, der den Taphier Mentes übers Meer fahren läßt, um mit einer
Ladung Eisen Bronze einzuhandeln14.
Der erneute und stärkste Vorstoß der Assyrer begann unter Tiglatpilesar III.
(745-727), der die Macht Urartus brach, Tyros und Byblos zu Vasallen machte
und die assyrische Macht im Westen dauerhaft verankerte. In seine Zeit fällt
der Bericht, der zum ersten Mal, kurz nach 738, 'Ionier’ im Gegenangriff auf
Syrien bezeugt: „Die Ionier sind gekommen. Sie haben die Städte ... angegrif-
fen ... (N.N. verfolgte sie?) in seinen Schiffen ... inmitten der See“15.
Daß die Orientalen die Griechen schlechthin 'Ionier’ nennen - hebräisch Jawan,
arabisch und türkisch Junan -, ist seit langem bemerkt und diskutiert worden16.
Die assyrische Form ist lawan(u) bzw., mit spezifisch assyrischem lautlich-ortho-
graphischem Wandel, laman(u); im zitierten Text steht (Land) ia-u-na-a-a, d.i.
launaia. Ausgemacht ist, daß dies nicht die Bezeichnung von Cypem ist, das as-
syrisch vielmehr ladnana heißt17; Griechen von Cypem haben sich auch nie
'Ionier’ genannt. Doch für Beziehungen zu kleinasiatischen Ioniern, zu Milet und
Samos spricht um die Mitte des 8. Jh. nichts. Die von der See kommenden
'Ionier’, die mit den Assyrern zusammentrafen, müssen vielmehr, wie Keramik
und Schriftausbreitung nahelegen, die Griechen von Euboia und/oder Athen ge-
wesen sein. Diesen Schluß bestätigt die Ilias: an der einzigen Stelle, an der dort
12 -> I 3.
13 Chalkis: Μ. Meier, -id-, Zur Geschichte eines griechischen Nominalsuffixes (1975) 52f.;
vgl. Bakhuizen (1978); seine mythologische Deutung des Namens Chalkis (1981) geht an
der Realität des Erzhandels vorbei. - Tarsis 'Schmelze’ (ass. rasäsu): W. F. Albright BASO
81 (1941) 14f.; vgl. Anm. 4. Zu σόλος -* I 4, 29.
14 Der Name der Stadt, wo man Erz einhandelt, Od. 1, 184, war schon im Altertum um-
stritten: Τεμέση (Unteritalien) - so die Homerhandschriften - oder Tamasos (Cypem):
Steph. Byz. s. v., Braun (1982) 13; τ’ ’Άλασιν = Alasia/Cypem K. Hadjioannou AA 81
(1966) 205-10, doch stört das τ’.
15 H. W. Saggs Iraq 25 (1963) 76-78; Braun (1982) 15.
16 Beloch I 22 (1913) 67f.; L. W. King JHS 30 (1910) 327-35; Luckenbill (1933); Mazza-
rino (1947) 112-30; Braun (1982) 1-5.
17 In einer Inschrift Assarhaddons erscheinen ladnana und lawan nebeneinander, Hirsch-
berg (1932) 68; Borger (1956) 86 § 57, 10; Braun (1982) 3; 20; vgl. auch Luckenbill
(1933) gegen Beloch, Mazzarino (Anm. 16), die beide Namen identifizieren. Alle Quellen
über ladnana und lamani bei S. Parpola, Neo-Assyrian Toponyms (1970) 183; 186f. und
I. Urio in: Chypre des origines au Moyen-Age, Univ, de Geneve, Seminaire interdisci-
plinaire (1975) 78-81.
 
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