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Walter Burkert
ins 7. Jh. herabgesetzt werden28. Gegen Ende der geometrischen Periode ist bei
Eleusis ein altes Grab entdeckt und zu einem Eleroon ausgestaltet worden; man
nimmt an, dies sei das später bekannte 'Grab der Sieben’29; dies ordnet sich
ein in die Art von Heroenkult, die unter dem Einfluß des alten Epos im 8. Jh.
aufkommt30. Damit wäre ein Terminus ante quem für das Thema der Thebais
gegeben und zugleich ein Hinweis auf seine Berühmtheit in eben jener Zeit.
Eine gewisse Unsicherheit bleibt, da kein direktes Zeugnis gefunden wurde,
jenes Grab zu identifizieren.
Auch wenn die dunklen Jahrhunderte zu Ende gehen, bleibt vieles dunkel und
unbestimmbar. Um so mehr muß man alle Indizien ausschöpfen, die auf sinn-
volle Zusammenhänge weisen. Wer sich dagegen wehrt, daß die 'Sieben gegen
Theben’ einen mesopotamischen Stammbaum haben sollen, muß doch hinnehmen,
daß sie dieses Schicksal nicht nur mit der siebenköpfigen Hydra, sondern auch
mit den Sieben Weisen31 teilen. Bei den Aramäem jedenfalls waren im 8. Jh.
die 'Sieben’ Götter oder Dämonen bekannt32.
5. Stilistische Gemeinsamkeiten orientalischer und griechischer Epik
Seit man von Seiten der Klassischen Philologie auf die mythologischen Texte
aus Hattusa und Ugarit aufmerksam geworden ist, hat man auch begonnen Par-
allelen in Erzähltechnik und Motivik zu sammeln; auch Mesopotamisches wurde
dabei gelegentlich berührt. Einen ausführlichen Katalog von Entsprechungen hat
zuletzt Luigia Achillea Stella vorgelegt1. Sie tritt dabei entschieden für die bronze-
zeitliche Kulturbrücke ein; doch ist eine eindeutige Entscheidung zwischen früher
oder später Entlehnung, ja zwischen Entlehnung überhaupt oder paralleler Ent-
wicklung hier nicht durch bestimmte Indizien angezeigt. Eindrucksvoll und we-
sentlich ist zunächst, wie weit die Übereinstimmungen gehen.
Freilich ist von vornherein festzuhalten, daß das griechische Epos ohne Zweifel
ein sehr eigenständiges Gewächs ist: an die griechische Sprache, an die ganz
besondere, in langer Tradition ausgebildete epische Kunstsprache ist das Formel-
28 Sicher ins 7. Jh. gehört der orientalisierende Gorgonenschild II. 11, 36; vgl. Burkert
(1976), -III 1, 32.
29 G. Mylonas Praktika (1953) 81-7; mit vager Datierung 'spätgeometrisch’ (83). Vgl. Paus.
1, 39, 2; Plut. Thes. 29, 5.
30 J. N. Coldstream, Hero-Cults in the Age of Homer, JHS 96 (1976) 8-17.
31 Zu den 7 Weisen (apkalle) der Urzeit vgl. AHw 58f.; E. Reiner Orientalia N.S. 30
(1961) 1-11; R. Borger JNES 33 (1974) 183-96.
32 Inschrift von Sefire (— III 1, 19), Fitzmeyer (1967) 12f. (I A 11).
1 Stella (1978) 362-91, Mit dem Vorbehalt «esclusa naturalmente ogni eventualitä di in-
flussi diretti su Omero» (368); einiges bereits bei Ungnad (1923), — III 1, 1; dann be-
sonders Bowra (1952), Dirlmeier (1955), Gordon (1955), Walcot (1967), Gresseth (1975).
Walter Burkert
ins 7. Jh. herabgesetzt werden28. Gegen Ende der geometrischen Periode ist bei
Eleusis ein altes Grab entdeckt und zu einem Eleroon ausgestaltet worden; man
nimmt an, dies sei das später bekannte 'Grab der Sieben’29; dies ordnet sich
ein in die Art von Heroenkult, die unter dem Einfluß des alten Epos im 8. Jh.
aufkommt30. Damit wäre ein Terminus ante quem für das Thema der Thebais
gegeben und zugleich ein Hinweis auf seine Berühmtheit in eben jener Zeit.
Eine gewisse Unsicherheit bleibt, da kein direktes Zeugnis gefunden wurde,
jenes Grab zu identifizieren.
Auch wenn die dunklen Jahrhunderte zu Ende gehen, bleibt vieles dunkel und
unbestimmbar. Um so mehr muß man alle Indizien ausschöpfen, die auf sinn-
volle Zusammenhänge weisen. Wer sich dagegen wehrt, daß die 'Sieben gegen
Theben’ einen mesopotamischen Stammbaum haben sollen, muß doch hinnehmen,
daß sie dieses Schicksal nicht nur mit der siebenköpfigen Hydra, sondern auch
mit den Sieben Weisen31 teilen. Bei den Aramäem jedenfalls waren im 8. Jh.
die 'Sieben’ Götter oder Dämonen bekannt32.
5. Stilistische Gemeinsamkeiten orientalischer und griechischer Epik
Seit man von Seiten der Klassischen Philologie auf die mythologischen Texte
aus Hattusa und Ugarit aufmerksam geworden ist, hat man auch begonnen Par-
allelen in Erzähltechnik und Motivik zu sammeln; auch Mesopotamisches wurde
dabei gelegentlich berührt. Einen ausführlichen Katalog von Entsprechungen hat
zuletzt Luigia Achillea Stella vorgelegt1. Sie tritt dabei entschieden für die bronze-
zeitliche Kulturbrücke ein; doch ist eine eindeutige Entscheidung zwischen früher
oder später Entlehnung, ja zwischen Entlehnung überhaupt oder paralleler Ent-
wicklung hier nicht durch bestimmte Indizien angezeigt. Eindrucksvoll und we-
sentlich ist zunächst, wie weit die Übereinstimmungen gehen.
Freilich ist von vornherein festzuhalten, daß das griechische Epos ohne Zweifel
ein sehr eigenständiges Gewächs ist: an die griechische Sprache, an die ganz
besondere, in langer Tradition ausgebildete epische Kunstsprache ist das Formel-
28 Sicher ins 7. Jh. gehört der orientalisierende Gorgonenschild II. 11, 36; vgl. Burkert
(1976), -III 1, 32.
29 G. Mylonas Praktika (1953) 81-7; mit vager Datierung 'spätgeometrisch’ (83). Vgl. Paus.
1, 39, 2; Plut. Thes. 29, 5.
30 J. N. Coldstream, Hero-Cults in the Age of Homer, JHS 96 (1976) 8-17.
31 Zu den 7 Weisen (apkalle) der Urzeit vgl. AHw 58f.; E. Reiner Orientalia N.S. 30
(1961) 1-11; R. Borger JNES 33 (1974) 183-96.
32 Inschrift von Sefire (— III 1, 19), Fitzmeyer (1967) 12f. (I A 11).
1 Stella (1978) 362-91, Mit dem Vorbehalt «esclusa naturalmente ogni eventualitä di in-
flussi diretti su Omero» (368); einiges bereits bei Ungnad (1923), — III 1, 1; dann be-
sonders Bowra (1952), Dirlmeier (1955), Gordon (1955), Walcot (1967), Gresseth (1975).