Glauben und Verstehen
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Zum 100. Geburtstag Rudolf Bultmanns ist dieses einzige rein syste-
matische Werk des großen Marburger Theologen nun endlich der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Es versteht,sich selber als
ein „Beispiel“ dessen, was „systematische Theologie heißen könnte“19.
Sie ist für ihn eigentlich keine besondere theologische Disziplin und
schon gar nicht ein „nach eigenen Prinzipien“ geordnetes Ganzes der
Erkenntnis in Gestalt eines „System[s] christlicher Lehre“, sondern
„nur eine durch konkrete augenblickliche Fragen motivierte Selbstver-
ständigung über die historische Arbeit der Exegese“. Systematische
Theologie ist für Bultmann konsequente, d.h. auf die Existenz des
gegenwärtigen Menschen ausgerichtete Exegese. „Daneben gibt es“
für ihn „keine besondere systematische Theologie mehr“20.
Als Exegese vollzieht die Theologie aber wesensmäßig eine „Rück-
wendung ... zur Geschichte“ mit dem Ziel, „das Verständnis der Schrift“
so zu fördern, daß es zur „Regulierung der kirchlichen Verkündigung
nach dem Maßstab der Schrift“ kommt21. Bultmann versteht die Theo-
tung war es so, daß alle Leute, die in irgend einem positiven Sinne mit einer natürli-
chen Theologie od. dgl. arbeiteten, D.C. werden konnten und es dann meistens vor-
übergehend oder endgiltig auch wurden. A posse ad esse valet consequentia. Daß ich
Ihnen nun hinsichtlich des esse Abbitte zu tun habe, ist mir deutlich. Aber das
Andere werden Sie mir dann noch einmal erklären müssen: inwiefern nun gerade in
Ihrer Fundamentaltheologie jenes posse «zc/zt vorlag. Vielleicht werde ich dann bei
diesem Anlaß dahinter kommen, was ich an 7/zrerFundamentaltheologie bisher miß-
verstanden habe, inwiefern ich Sie schon vor 1933 zu Unrecht mit Gogarten in einem
Topf gesehen habe“. - AaO. 152f. Heideggers Rektoratsrede ist jetzt (mit einem
selbstkritischen Kommentar zu seinem Rektoratsjahr) wieder zugänglich: M. Heideg-
ger, Die Selbstbehauptung der deutschen Universität [Durchgesehene Neuauf-
lage des Druckes von 1933], Das Rektorat 1933/34 - Tatsachen und Gedanken [Erst-
veröffentlichung einer Niederschrift aus dem Jahre 1945], hg. von H. Heidegger,
1983.
19 R. Bultmann, Theologische Enzyklopädie, 170.
20 Ebd. In seiner 1941 zugleich mit dem alsbald heftig umstrittenen Entmythologisie-
rungsvortrag „Neues Testament und Mythologie“ vorgetragenen Skizze „Theologie
als Wissenschaft“ (jetzt veröffentlicht in: ZThK 81,1984,447-469) erklärt Bultmann
(aaO. 464), daß das „Thema der neutestamentlichen und systematischen Theologie ...
im Grunde das gleiche“ ist, nämlich: „die begriffliche Explikation des christlichen
Selbstverständnisses bzw. des eschatologischen Geschehens, wie es sich im Glauben
für den Glauben bezeugt. Die neutestamentliche Theologie expliziert dieses
Geschehen in der Interpretation des Neuen Testaments, und zwar so, daß die Aktua-
lität dieses Geschehens verständlich wird. Die systematische Theologie expliziert
dieses Geschehen so, wie es sich in der Gegenwart bezeugt, und zwar so, daß sie die-
ses gegenwärtige Geschehen als das im Neuen Testament bezeugte verständlich
macht“.
21 R. Bultmann, Theologische Enzyklopädie, 169.
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Zum 100. Geburtstag Rudolf Bultmanns ist dieses einzige rein syste-
matische Werk des großen Marburger Theologen nun endlich der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Es versteht,sich selber als
ein „Beispiel“ dessen, was „systematische Theologie heißen könnte“19.
Sie ist für ihn eigentlich keine besondere theologische Disziplin und
schon gar nicht ein „nach eigenen Prinzipien“ geordnetes Ganzes der
Erkenntnis in Gestalt eines „System[s] christlicher Lehre“, sondern
„nur eine durch konkrete augenblickliche Fragen motivierte Selbstver-
ständigung über die historische Arbeit der Exegese“. Systematische
Theologie ist für Bultmann konsequente, d.h. auf die Existenz des
gegenwärtigen Menschen ausgerichtete Exegese. „Daneben gibt es“
für ihn „keine besondere systematische Theologie mehr“20.
Als Exegese vollzieht die Theologie aber wesensmäßig eine „Rück-
wendung ... zur Geschichte“ mit dem Ziel, „das Verständnis der Schrift“
so zu fördern, daß es zur „Regulierung der kirchlichen Verkündigung
nach dem Maßstab der Schrift“ kommt21. Bultmann versteht die Theo-
tung war es so, daß alle Leute, die in irgend einem positiven Sinne mit einer natürli-
chen Theologie od. dgl. arbeiteten, D.C. werden konnten und es dann meistens vor-
übergehend oder endgiltig auch wurden. A posse ad esse valet consequentia. Daß ich
Ihnen nun hinsichtlich des esse Abbitte zu tun habe, ist mir deutlich. Aber das
Andere werden Sie mir dann noch einmal erklären müssen: inwiefern nun gerade in
Ihrer Fundamentaltheologie jenes posse «zc/zt vorlag. Vielleicht werde ich dann bei
diesem Anlaß dahinter kommen, was ich an 7/zrerFundamentaltheologie bisher miß-
verstanden habe, inwiefern ich Sie schon vor 1933 zu Unrecht mit Gogarten in einem
Topf gesehen habe“. - AaO. 152f. Heideggers Rektoratsrede ist jetzt (mit einem
selbstkritischen Kommentar zu seinem Rektoratsjahr) wieder zugänglich: M. Heideg-
ger, Die Selbstbehauptung der deutschen Universität [Durchgesehene Neuauf-
lage des Druckes von 1933], Das Rektorat 1933/34 - Tatsachen und Gedanken [Erst-
veröffentlichung einer Niederschrift aus dem Jahre 1945], hg. von H. Heidegger,
1983.
19 R. Bultmann, Theologische Enzyklopädie, 170.
20 Ebd. In seiner 1941 zugleich mit dem alsbald heftig umstrittenen Entmythologisie-
rungsvortrag „Neues Testament und Mythologie“ vorgetragenen Skizze „Theologie
als Wissenschaft“ (jetzt veröffentlicht in: ZThK 81,1984,447-469) erklärt Bultmann
(aaO. 464), daß das „Thema der neutestamentlichen und systematischen Theologie ...
im Grunde das gleiche“ ist, nämlich: „die begriffliche Explikation des christlichen
Selbstverständnisses bzw. des eschatologischen Geschehens, wie es sich im Glauben
für den Glauben bezeugt. Die neutestamentliche Theologie expliziert dieses
Geschehen in der Interpretation des Neuen Testaments, und zwar so, daß die Aktua-
lität dieses Geschehens verständlich wird. Die systematische Theologie expliziert
dieses Geschehen so, wie es sich in der Gegenwart bezeugt, und zwar so, daß sie die-
ses gegenwärtige Geschehen als das im Neuen Testament bezeugte verständlich
macht“.
21 R. Bultmann, Theologische Enzyklopädie, 169.