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Jüngel, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 1. Abhandlung): Glauben und Verstehen: zum Theologiebegriff Rudolf Bultmanns; vorgetragen am 20. Okt. 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47815#0035
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Glauben und Verstehen

25

Daß die Theologie „dem Glauben aus dem Glauben ... für den
Glauben auferlegt ist“, kann freilich nur behauptet werden, wenn der
Glaube darauf angewiesen ist, sich stets neu seines Ursprungs und
Grundes zu vergewissern. Eben deshalb ist für Bultmann Theologie
wesentlich „Rückwendung ... zur Geschichte“ in Gestalt einer Rück-
wendung zur heiligen Schrift und als solche „eigentlich und immer
historische Theologie“6*.
3. Heideggers „Kommentar“ zum Selbstverständnis der Theologie
Die Kennzeichnung einer sich ihrer systematischen Aufgabe bewuß-
ten Theologie als historische Theologie könnte zu der Vermutung Anlaß
geben, daß Bultmann sich die enzyklopädische Auffassung Schleier-
machers zu eigen gemacht hätte, der gemäß die historische Theologie,
zu der Schleiermacher auch die Dogmatik zählt (weil sie der
,,geschichtliche[n] Kenntnis des gegenwärtigen Momentes“ des Chri-
stentums, „als aus welchem der künftige soll entwickelt werden“,
dient)64 65, „der eigentliche Körper des theologischen Studiums“ ist, „wel-
cher durch die philosophische Theologie mit der eigentlichen Wissen-
schaft, und durch die praktische mit dem tätigen christlichen Leben
zusammenhängt“66 67. Zu der Vermutung, Bultmann sei mit seinen Auf-
stellungen den Bestimmungen der Theologie durch Schleiermacher
gefolgt, könnte zudem sein Satz Anlaß geben: „Wir bestimmen ... die
Theologie als eine positive Wissenschaft“6'. Hatte doch auch Schleier-
macher schon im ersten Satz seiner Enzyklopädie erklärt: „Die Theolo-
gie ... ist eine positive Wissenschaft“ - wobei unter einer positiven Wis-
senschaft „ein solcher Inbegriff wissenschaftlicher Elemente“ zu ver-
stehen ist, „welche ihre Zusammengehörigkeit nicht haben, als ob sie
einen vermöge der Idee der Wissenschaft notwendigen Bestandteil der
64 AaO. 169.
65 F. Schleiermacher, Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einlei-
tender Vorlesungen, Kritische Ausgabe hg. von H. Scholz, 1910,35, §81. Vgl. aaO. 41,
§97: „Die zusammenhängende Darstellung der Lehre, wie sie zu einer gegebenen
Zeit... geltend ist, bezeichnen wir durch den Ausdruck Dogmatik oder dogmatische
Theologie ... Die Bezeichnung systematische Theologie ... verbirgt... zum Nachteil
der Sache ... den historischen Charakter der Disziplin“, obwohl sie „vorzüglich her-
vorhebt, daß die Lehre nicht soll als ein Aggregat von einzelnen Satzungen vorgetra-
gen werden ...“
66 AaO. llf., §28.
67 R. Bultmann, Theologische Enzyklopädie, 10.
 
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