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Jüngel, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 1. Abhandlung): Glauben und Verstehen: zum Theologiebegriff Rudolf Bultmanns; vorgetragen am 20. Okt. 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47815#0045
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Glauben und Verstehen

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äÄf|ÜEiav“102. Wahrheit „ist in diesem Zusammenhang die rechte
Lehre, der rechte Glaube im Gegensatz zu ayvoia und tiXavri, so daß
Paulus seine apostolische Tätigkeit als (pavepoxiu; rfjc; äÄr|ÜEia(;
bezeichnen kann (2. Kr 4,2)“103.
Ist der Glaube aber geradezu konstituiert durch seinen Anspruch,
auf Wahrheit bezogen zu sein, und ist Wahrheit dabei durchaus als die
Wahrheit einer Lehre verstanden, dann muß im Glaubensakt selber
bereits ein Moment des Erkennens zur Stelle sein. Bultmann hat das
im Blick auf den paulinischen Glaubensbegriff eigens herausgestellt
und der rdaru;, insofern „sie die Annahme eines Wortes ist“, das auf
Wahrheit Anspruch erhebt, sogar „'dogmatischen’ Charakter“ zuge-
sprochen. „Die ttiotu;, die aus der äxof| entspringt (Rm 10,17), enthält
darum notwendig ein Wissen"104. Das gilt erst recht für den johannei-
schen Glaubensbegriff, für den Bultmann reklamiert: „Nur sofern der
Glaube ein erkennender ist, ist er ein echter Glaube ... Das Erkennen
ist ein Strukturmoment des Glaubens“105.
Das im Glauben enthaltene Wissen ist seinerseits „weiterer Entfal-
tung fähig und bedürftig“106, wobei es freilich nicht zu einer Loslösung
vom Glauben kommt. Das zeigt sich in der Argumentationsfähigkeit,
mit der der Glaube sich über sich selber - über seinen Gegenstand! -
verständigt. So „kann P[au]l[u]s zuweilen so reden, als begründe das
Wissen den Glauben“ (vgl. Röm 6,8f.; 2Kor 4,13f.). Es kann aber
„das Wissen auch als ein aus dem Glauben entspringendes erscheinen“
(vgl. Röm 5,3; 2Kor 1,7; 5,6). „So appelliert ein o’iöapsv, oiöarE u.dgl.
bald an ... einen Satz des Kerygmas (1. Th 5,2; Rm 6,3; 2. Kr 5,1; 8,9),
bald an Wahrheiten, die sich die gläubige Besinnung als Konsequenz
klarmachen muß (Rm 8,28; 13,11; 14,14; 1. Kr 3,16; 6,2f. 9; 15,58)“107.
Solche Argumentation hebt „das in dermoxiQ enthaltene Strukturmo-
ment der Erkenntnis hervor“108, und man darf wohl in der Notwendig-
keit der Explikation dieses Strukturmomentes den eigentlichen
102 Ebd.: „In diesem Sinne finden sich etuiyivwoxeiv und Eiriyvcoau; auch Kol 1,6; Tit 1,1;
2. Pt 1,3; 2,20f.; 2. Klem 3,1; Ker Pt 3; Herrn sim IX 18,1“
103 Ebd.: „Der christliche Glaube heißt 1. Pt. 1,22 imaxof] rfjc; äÄr]üeta<; (vgl. Gl 5,7). Die
Predigt des Evg. kann Xoyoc, Tf)<; äAriüetac; genannt werden (2. Kr 6,7; Kol 1,5; Eph
1,13 u.ö.)“.
104 AaO. 318.
105 AaO. 425f.
106 AaO. 326.
107 AaO. 318f.
108 AaO. 481.
 
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