Metadaten

Riedl, Peter Anselm; Giovanni; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1986, 2. Abhandlung): Eine wiederentdeckte "Verkündigung Mariä" von Giovanni di Paolo: vorgetragen am 4. Mai 1985 — Heidelberg: Winter, 1986

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48145#0021
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Eine wiederentdeckte „Verkündigung Mariä'

19

In die Jahre um 1430/35 wird ein Täfelchen mit dem Verkündi-
gungsengel im Musee du Petit Palais in Avignon23 datiert, das als
oberer Teil der linken Flügelinnenseite eines kleinen, klappbaren
Reisetriptychons aufgefaßt werden muß; Gabriel ist stehend dar-
gestellt, mit erhobener rechter und den Ölzweig haltender linker
Hand. Auf einem um 1450 anzusetzenden, knapp 67 cm hohen Poly-
ptychon der Kress Collection im Museum von Kansas City24 ist die
Verkündigungsszene auf die Zwickel neben dem Wimperg über dem
Mittelbild mit der thronenden Madonna verteilt. Der Engel, dessen
Unterkörper von der Wimpergschräge überschritten wird, ähnelt in
der Haltung etwas dem Avigneser. Die Maria, gleichfalls als Drei-
viertelfigur in den Zwickel geschmiegt, wendet sich mit vor die Brust
gelegter Rechten und den Mantel raffender Linken dem Verkündi-
gungsboten zu. Neben den Wimpergen über den zwei Seitenkomparti-
menten sind vier Heiligenfiguren angeordnet. Als „La Piccola Maestä“
ist das 56 cm hohe Klapp trip tychon in der Sieneser Pinakothek2 5 einge-
führt, das heute plausibel in die Jahre zwischen 1445 und 1450 datiert
wird. Über dem Zentralbild der von adorierenden und musizierenden
Engeln umgebenen thronenden Madonna erscheint im Wimperg die
Halbfigur des Schmerzensmannes, über den Seitentafeln mit den Hei-
ligen Lucia und Nikolaus von Bari beziehungsweise Augustinus und
Katharina von Alexandrien besetzen der Verkündigungsengel und die
Annunziata die Zwickelfelder; in diesem Falle überlagern die Maß-
werkbögen jeweils den Unterkörper.
Anders als bei den bisher aufgefuhrten Beispielen handelt es sich
beim um 1435-40 zu datierenden Triptychon in der Pfarrkirche von
Baschi (Umbrien)26 um ein größer dimensioniertes Altarretabel. Die

Peinture italienne, Paris 1976 (Inventaire des Collections Publiques Franpaises,
21), Nr. 88.
24 Vgl. Fern Rusk Shapley: Paintings from the Samuel H. Kress Collection, Italian
Schools XIII-XV Century, London 1966, S. 148f. und Abb. 401. - Erwähnt werden
muß auch die schöne, um 1445 zu datierende Predellentafel mit der Verkündigung
aus der Sammlung Kress in der National Gallery in Washington; die Maria dieser
Darstellung erinnert in der Haltung etwas an die Jungfrau der Heidelberger Tafel;
vgl. Fern Rusk Shapley, a.a.O., S. 148 und Abb. 402, 404.
25 Vgl. Piero Torriti, a.a.O., S. 314f. (mit Bibliographie).
26 Vgl. John Pope-Hennessy, a.a.O., 1937, S. 26 f.; Cesare Brandi,a.a.O., 1947, S. 22f. -
Das Werk wurde 1964 restauriert (vgl. Francesco Santi: Attivitä delle Soprinten-
denze: Umbria, in: Bollettino d’Arte, serie V, annoL, 1965, S. 131; Santi datiert das
Retabel auf ca. 1435-40; vgl. auch: Catalogo della V Mostra di opere restaurate,
Perugia 1964, Nr. 9).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften