Eine wiederentdeckte „Verkündigung Mariä“
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der auffallend, ja es scheinen teilweise sogar die gleichen Punzen ver-
wendet worden zu sein53.
Der Spekulationscharakter aller weiteren Überlegungen hat drei
Gründe: Die Herkunft des Nikolaus-Retabels ist unbekannt; ob die
fünf 1863 in der Sakristei der Compagnia degli Artisti registrierten
Bilder aus Montepulciano stammen oder als Altarrudimente von
einem anderen Ort dorthin gelangt waren, ist ungewiß; ja es ist nicht
einmal erwiesen, daß die Predellentäfelchen und die Bekrönungs-
bilder dereinst zu ein und demselben Retabel gehört haben.
Das Nikolaus-Retabel wird bereits 1816 ohne Provenienzangabe in
Luigi de Angelis’ „Ragguaglio del nuovo Istituto delle Belle Arti stabi-
lito in Siena“ erwähnt54. Ettore Romagnoli weist in seiner um 1835
geschriebenen „Biografia cronologica de’ bell’artisti senesi“ ausdrück-
lich auf die unbekannte Herkunft des Werkes hin und erwähnt im übri-
gen, gleich de’Angelis, eventuell noch vorhandene Bekrönungstafeln
oder Predellen- und Flankenpfeilerteile mit keinem Wort55. John
Pope-Hennessy hat 1937 mit Blick auf den Sachverhalt, daß alle vier
Assistenzfiguren Franziskanerheilige sind (nämlich Bernardinus von
Siena, Franziskus, Klara und Ludwig von Toulouse), gemeint, den
Nikolaus-Altar mit S. Francesco in Siena in Verbindung bringen zu
dürfen56. Er hat sich auf eine Stelle des 1575 verfaßten Berichts des
Apostolischen Visitators Bischof Francesco Bossi bezogen, die lautet:
„Visitavit aliud altare sub titulo S. Niccolai, lateritium... et habebat...
iconam pulcram deauratam, cum figura S. Niccolai et aliorum sancto-
rum, in tabula“57. Vor diesem Altar führt Bossi den der hl. Katharina
die rein visuelle Kontrolle und die vergleichende Messung beschränken. Diese
Prüfung hat allerdings verblüffende Übereinstimmungen ergeben.
54 Siena 1816, S. 27, Nr. 6.
55 Faksimile-Nachdruck des Manuskripts von ca. 1835 in der Biblioteca Comunale
Siena, Florenz 1976, Bd. IV (1400-1450), S. 319 und 320: „alle belle arti e pure un
altra tavola da Giovanni condotta nel 1453, per non so quäl monastero. In essa
vedesi un santo Pontefice [Randnotiz: Niccolö V° di Bari], ehe benedice, con dai lati
altri Santi. Abasso e l’anno, e il nome del pittore notato“. Daß dieses Retabel mit
dem auf S. 319 erwähnten identisch ist, hat Romagnoli, wie die Randnotiz beweist,
erst nachträglich bemerkt.
56 John Pope-Hennessy, a.a.O., 1937, S. 60.
57 Ich danke Herrn Prof. Gino Corti, Florenz, herzlich für die Überprüfung des Bossi-
Berichtes (Siena, Archivio Arcivescovile, 2 [Visita Apostolica di Mons.r Francesco
Bossio] 1557, f. 669 recto, Eintragung vom 5. Oktober 1575). Herr Corti teilt mir
mit: „ma non ho trovato menzione del quadro in nessuna altra Visita pastorale
prima o dopo il Bossio, non avendo trovato visite alla chiesa di S. Francesco“ (Brief
vom 12. April 1985).
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der auffallend, ja es scheinen teilweise sogar die gleichen Punzen ver-
wendet worden zu sein53.
Der Spekulationscharakter aller weiteren Überlegungen hat drei
Gründe: Die Herkunft des Nikolaus-Retabels ist unbekannt; ob die
fünf 1863 in der Sakristei der Compagnia degli Artisti registrierten
Bilder aus Montepulciano stammen oder als Altarrudimente von
einem anderen Ort dorthin gelangt waren, ist ungewiß; ja es ist nicht
einmal erwiesen, daß die Predellentäfelchen und die Bekrönungs-
bilder dereinst zu ein und demselben Retabel gehört haben.
Das Nikolaus-Retabel wird bereits 1816 ohne Provenienzangabe in
Luigi de Angelis’ „Ragguaglio del nuovo Istituto delle Belle Arti stabi-
lito in Siena“ erwähnt54. Ettore Romagnoli weist in seiner um 1835
geschriebenen „Biografia cronologica de’ bell’artisti senesi“ ausdrück-
lich auf die unbekannte Herkunft des Werkes hin und erwähnt im übri-
gen, gleich de’Angelis, eventuell noch vorhandene Bekrönungstafeln
oder Predellen- und Flankenpfeilerteile mit keinem Wort55. John
Pope-Hennessy hat 1937 mit Blick auf den Sachverhalt, daß alle vier
Assistenzfiguren Franziskanerheilige sind (nämlich Bernardinus von
Siena, Franziskus, Klara und Ludwig von Toulouse), gemeint, den
Nikolaus-Altar mit S. Francesco in Siena in Verbindung bringen zu
dürfen56. Er hat sich auf eine Stelle des 1575 verfaßten Berichts des
Apostolischen Visitators Bischof Francesco Bossi bezogen, die lautet:
„Visitavit aliud altare sub titulo S. Niccolai, lateritium... et habebat...
iconam pulcram deauratam, cum figura S. Niccolai et aliorum sancto-
rum, in tabula“57. Vor diesem Altar führt Bossi den der hl. Katharina
die rein visuelle Kontrolle und die vergleichende Messung beschränken. Diese
Prüfung hat allerdings verblüffende Übereinstimmungen ergeben.
54 Siena 1816, S. 27, Nr. 6.
55 Faksimile-Nachdruck des Manuskripts von ca. 1835 in der Biblioteca Comunale
Siena, Florenz 1976, Bd. IV (1400-1450), S. 319 und 320: „alle belle arti e pure un
altra tavola da Giovanni condotta nel 1453, per non so quäl monastero. In essa
vedesi un santo Pontefice [Randnotiz: Niccolö V° di Bari], ehe benedice, con dai lati
altri Santi. Abasso e l’anno, e il nome del pittore notato“. Daß dieses Retabel mit
dem auf S. 319 erwähnten identisch ist, hat Romagnoli, wie die Randnotiz beweist,
erst nachträglich bemerkt.
56 John Pope-Hennessy, a.a.O., 1937, S. 60.
57 Ich danke Herrn Prof. Gino Corti, Florenz, herzlich für die Überprüfung des Bossi-
Berichtes (Siena, Archivio Arcivescovile, 2 [Visita Apostolica di Mons.r Francesco
Bossio] 1557, f. 669 recto, Eintragung vom 5. Oktober 1575). Herr Corti teilt mir
mit: „ma non ho trovato menzione del quadro in nessuna altra Visita pastorale
prima o dopo il Bossio, non avendo trovato visite alla chiesa di S. Francesco“ (Brief
vom 12. April 1985).