Zwischen Gott und König
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Viele dieser Abgefallenen taten Buße »pour etre re?us dans la paix de
l’Eglise«. Solche Handlungen sind etwa für 1691 bezeugt durch den
Pfarrer Jacques Gillet, der aus dem Ausland zurückgekehrt war und
bei Bergerac Versammlungen abhielt.13 »Etre re?u dans la paix de
l’Eglise« war auch das Bestreben der N. C., die schließlich in den Jah-
ren nach 1685 das Land verließen und sich in der Schweiz, in Deutsch-
land oder Holland um Aussöhnung mit ihrer Kirche im Ausland
bemühten. Wie wenig die N. C. wirklich katholisch geworden waren
geht auch aus der Formulierung der Testamente hervor. In altprote-
stantischen Gebieten wird das katholische Modell (mit Anrufung der
Jungfrau Maria und der Heiligen) nur selten oder nur vorübergehend
benützt.14
Es scheint, als habe sich in manchen Fällen unter den N. C. bald so
etwas wie eine Rollenverteilung ergeben.15 Die mittlere Generation
wahrte den Schein. Um des sozialen Überlebens willen, u.a. aus wirt-
schaftlichen Gründen, machten sie die katholischen Religionsübun-
gen mit. Anders war es bei den ganz Alten und vor allem bei den Jün-
geren: diese widerstanden offener. Bald nach der erzwungenen Kon-
version haben sich manche unter ihnen des Kompromisses geschämt
und sich auf die Seite der «opiniätres« geschlagen. Insofern sie nicht
auswandern konnten oder wollten, blieb für sie nur der Weg des
Gefängnisses, der Galeeren oder der Todesstrafe. Wir werden noch auf
sie zurückkommen.
Wenden wir uns aber denen zu, die wirklich versucht haben, und
dies während langen Jahren, ja mehreren Generationen, katholische
Religionspraxis und evangelischen Glauben zu vereinen. Dabei ging
es um ein Doppeltes: auf der einen Seite gab es die katholischen Reli-
gionsübungen und Riten, und die Frage war: wie konnte man die Teil-
nahme auf ein Minimum beschränken? War die Teilnahme überhaupt
mit dem Gewissen zu vereinbaren oder sollte man, wie es z.B. manche
Prädikanten nahelegten, aus Babylon ausziehen (»sortir de Baby-
lone«)? Auf der anderen Seite stellte sich die Frage, wie der evange-
lische Glaube zu pflegen war, insbesondere auch wie er den Kindern
übermittelt werden konnte. Wenden wir uns diesen beiden Aspekten
zu, die den N. C. schwer zu schaffen machten.
13 BSHPF XXXV1J (1888), S. 471.
14 So Ph. Joutard, in: M. Magdelaine - R. v. Thadden, Le Refuge huguenot, S. 22.
15 Ibid., S. 23.
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Viele dieser Abgefallenen taten Buße »pour etre re?us dans la paix de
l’Eglise«. Solche Handlungen sind etwa für 1691 bezeugt durch den
Pfarrer Jacques Gillet, der aus dem Ausland zurückgekehrt war und
bei Bergerac Versammlungen abhielt.13 »Etre re?u dans la paix de
l’Eglise« war auch das Bestreben der N. C., die schließlich in den Jah-
ren nach 1685 das Land verließen und sich in der Schweiz, in Deutsch-
land oder Holland um Aussöhnung mit ihrer Kirche im Ausland
bemühten. Wie wenig die N. C. wirklich katholisch geworden waren
geht auch aus der Formulierung der Testamente hervor. In altprote-
stantischen Gebieten wird das katholische Modell (mit Anrufung der
Jungfrau Maria und der Heiligen) nur selten oder nur vorübergehend
benützt.14
Es scheint, als habe sich in manchen Fällen unter den N. C. bald so
etwas wie eine Rollenverteilung ergeben.15 Die mittlere Generation
wahrte den Schein. Um des sozialen Überlebens willen, u.a. aus wirt-
schaftlichen Gründen, machten sie die katholischen Religionsübun-
gen mit. Anders war es bei den ganz Alten und vor allem bei den Jün-
geren: diese widerstanden offener. Bald nach der erzwungenen Kon-
version haben sich manche unter ihnen des Kompromisses geschämt
und sich auf die Seite der «opiniätres« geschlagen. Insofern sie nicht
auswandern konnten oder wollten, blieb für sie nur der Weg des
Gefängnisses, der Galeeren oder der Todesstrafe. Wir werden noch auf
sie zurückkommen.
Wenden wir uns aber denen zu, die wirklich versucht haben, und
dies während langen Jahren, ja mehreren Generationen, katholische
Religionspraxis und evangelischen Glauben zu vereinen. Dabei ging
es um ein Doppeltes: auf der einen Seite gab es die katholischen Reli-
gionsübungen und Riten, und die Frage war: wie konnte man die Teil-
nahme auf ein Minimum beschränken? War die Teilnahme überhaupt
mit dem Gewissen zu vereinbaren oder sollte man, wie es z.B. manche
Prädikanten nahelegten, aus Babylon ausziehen (»sortir de Baby-
lone«)? Auf der anderen Seite stellte sich die Frage, wie der evange-
lische Glaube zu pflegen war, insbesondere auch wie er den Kindern
übermittelt werden konnte. Wenden wir uns diesen beiden Aspekten
zu, die den N. C. schwer zu schaffen machten.
13 BSHPF XXXV1J (1888), S. 471.
14 So Ph. Joutard, in: M. Magdelaine - R. v. Thadden, Le Refuge huguenot, S. 22.
15 Ibid., S. 23.