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Marc Lienhard
Indizien in den Quellen, u.a. in den Gerichtsakten. Schon im Novem-
ber 1685 versammelte in der Gegend von Nantes eine gewisse
Madame de Vieillevigne, »celebre religionnaire du pays nantais«
andere Protestanten in ihrem Haus zum Gebet. Sie wurde eingesperrt
mitsamt ihren Glaubensgenossen.25 Wir haben ähnliche Berichte von
anderen Orten (Anjou, Saumur, Orleans, Caen 1688, usw.).26 Diese
kleinen Versammlungen sind typisch für das Gebiet in der nördlichen
Hälfte Frankreichs, wo die Protestanten eine kleine Minderheit waren.
Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes und dem Weggang
oder der Konversion der Pfarrer standen auch Laienprediger auf, um
sich der verlassenen Herde anzunehmen. Sie machten Besuche und
hielten Versammlungen ab.27 Wir finden sie in der Picardie (Jacques
Bruman, 1688), in der Normandie (Isaac Lecourt, 1686), im Poitou
(Bigou, 1686), in der Saintonge (P. Galliot, 1690), im Perigord ist es
eine Frau (1688, La Montjoie). Sie enden alle am Galgen. Die meisten
Prädikanten wirkten natürlich in Südfrankreich, besonders im Bas-
Languedoc und in den Cevennen.28 Zwischen 1685 und 1687 sind es
25, 60 bis 1700. Sie hielten Versammlungen ab mit Bibellesen, Psal-
mensingen, Gebet, Predigt, manchmal auch Abendmahl. Die Behör-
den jagten ihnen nach. In den Jahren 1686—1687 wurden mehr als 20
Versammlungen entdeckt, 12 Prädikanten gefangengenommen, 5
davon erhängt. Die Teilnehmer an den Versammlungen kamen öfters
auf die Galeeren, die Frauen ins Gefängnis oder in die berüchtigten
Höpitaux.
Zeitweise nahm auch der Illuminismus überhand, insbesondere
während des Aufstands der Camisarden (1702-1704); wir werden
noch darauf zurückkommen.
Auf die Zeit der „Propheten“ folgte die Zeit der kirchlichen Restau-
ration unter Antoine Court. Mit zwei anderen gleichgesinnten Pfar-
rern, Pierre Corteiz und Jacques Roger, versammelte er 1715 eine erste
Regionalsynode. Es war die Geburtsstunde der »Eglise du Desert«. Es
wurde beschlossen, wieder Gemeinden mit verordneten Ältesten zu
errichten, nur Prädikanten mit genügender Vorbildung als Pfarrer zu
ordinieren und die frühere Organisation mit Konsistorien, Kolloquien,
Provinzial- und Nationalsynoden wieder einzuführen. In Lausanne
25 BSHPF LVII (1908), S. 264-265.
26 S. Mours - D. Robert, S. 56-57.
27 Ibid. S. 58-62.
28 Maßgebend dazu das Werk von Ch. Bost, Les predicants protestants des Cevennes
et du Languedoc, 1684-1700, (Fußnote 10).
Marc Lienhard
Indizien in den Quellen, u.a. in den Gerichtsakten. Schon im Novem-
ber 1685 versammelte in der Gegend von Nantes eine gewisse
Madame de Vieillevigne, »celebre religionnaire du pays nantais«
andere Protestanten in ihrem Haus zum Gebet. Sie wurde eingesperrt
mitsamt ihren Glaubensgenossen.25 Wir haben ähnliche Berichte von
anderen Orten (Anjou, Saumur, Orleans, Caen 1688, usw.).26 Diese
kleinen Versammlungen sind typisch für das Gebiet in der nördlichen
Hälfte Frankreichs, wo die Protestanten eine kleine Minderheit waren.
Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes und dem Weggang
oder der Konversion der Pfarrer standen auch Laienprediger auf, um
sich der verlassenen Herde anzunehmen. Sie machten Besuche und
hielten Versammlungen ab.27 Wir finden sie in der Picardie (Jacques
Bruman, 1688), in der Normandie (Isaac Lecourt, 1686), im Poitou
(Bigou, 1686), in der Saintonge (P. Galliot, 1690), im Perigord ist es
eine Frau (1688, La Montjoie). Sie enden alle am Galgen. Die meisten
Prädikanten wirkten natürlich in Südfrankreich, besonders im Bas-
Languedoc und in den Cevennen.28 Zwischen 1685 und 1687 sind es
25, 60 bis 1700. Sie hielten Versammlungen ab mit Bibellesen, Psal-
mensingen, Gebet, Predigt, manchmal auch Abendmahl. Die Behör-
den jagten ihnen nach. In den Jahren 1686—1687 wurden mehr als 20
Versammlungen entdeckt, 12 Prädikanten gefangengenommen, 5
davon erhängt. Die Teilnehmer an den Versammlungen kamen öfters
auf die Galeeren, die Frauen ins Gefängnis oder in die berüchtigten
Höpitaux.
Zeitweise nahm auch der Illuminismus überhand, insbesondere
während des Aufstands der Camisarden (1702-1704); wir werden
noch darauf zurückkommen.
Auf die Zeit der „Propheten“ folgte die Zeit der kirchlichen Restau-
ration unter Antoine Court. Mit zwei anderen gleichgesinnten Pfar-
rern, Pierre Corteiz und Jacques Roger, versammelte er 1715 eine erste
Regionalsynode. Es war die Geburtsstunde der »Eglise du Desert«. Es
wurde beschlossen, wieder Gemeinden mit verordneten Ältesten zu
errichten, nur Prädikanten mit genügender Vorbildung als Pfarrer zu
ordinieren und die frühere Organisation mit Konsistorien, Kolloquien,
Provinzial- und Nationalsynoden wieder einzuführen. In Lausanne
25 BSHPF LVII (1908), S. 264-265.
26 S. Mours - D. Robert, S. 56-57.
27 Ibid. S. 58-62.
28 Maßgebend dazu das Werk von Ch. Bost, Les predicants protestants des Cevennes
et du Languedoc, 1684-1700, (Fußnote 10).