Metadaten

Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1986, 5. Abhandlung): Symmetrie im Spiegel der Antike: vorgetragen am 7. Juni 1986 — Heidelberg: Winter, 1987

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48148#0009
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Symmetrie im Spiegel der Antike

7

im Falle des Schielens besonders bewußt, wie sehr wir eben die Sym-
metrie voraussetzen und als normal, ja als schön empfinden. Aber das
Hinhorchen und vollends der Augenschein der Anatomie weist schon
durch die Lage eines so lebenswichtigen Organs, wie es das Herz ist,
auf eine erhebliche Störung der Symmetrie in der Natur hin. Ebenso
macht es, um von feineren Differenzierungen zu sprechen, auch die
spiegelbildliche Vertauschung der Gesichtshälften im photographi-
schen Bild offenbar, daß sich dabei die Physiognomie spürbar ver-
ändert2'1, daß es also doch mit jener auf den ersten Blick so täuschend
erscheinenden Symmetrie am menschlichen Körper nicht recht
stimmt3.
Auch die überwiegende Rechtshändigkeit des Menschen hat ja
eine Störung der Symmetrie zur Folge. Ebenso natürlich die weit weni-
ger verbreitete Linkshändigkeit, der bei manchen Individuen eine
deutliche Linksfüßigkeit entspricht4. Sie dokumentiert sich etwa durch
das Anstoßen des Fußballs mit dem linken Fuß, oder - beim Ein-
schlüpfen in die Hose aus dem Stand - durch mühsameres Stehen auf
dem rechten Bein, dem freilich dann auch ein schwierigeres Balancie-
ren mit ebendemselben entspricht. Selbst die Beweglichkeit der
Zehen scheint beim Linksfüßigen auf dieser Seite größer zu sein. Dazu
kommt beim Soldaten alter Schule dann wohl auch der durchge-
machte Exerzierdrill mit seinem Akzent auf dem linken Bein, wie er
durch entsprechende Kommandos eingeprägt wurde5.
Zu beobachten ist ferner, daß es vielleicht auch ein nach Volkszu-
gehörigkeit verschiedenes Symmetriebedürfnis gibt, wie mir als Quar-
2a Damit operiert in aufschlußreicher Weise 0. Bätschmann, Die Symmetrien von
Ferdinand Hodler. In: Symmetrie I 1986, S. 355. Der schweizer Maler hat weit
exzessiver als jeder andere zeitgenössische Künstler in allen Bildgattungen die
Symmetrie angewendet, ohne jedoch kleine Abweichungen rechts und links außer
Acht zu lassen.
3 Dazu auch W. Gilde aO., S. 9,31 f., 83 u. ö. Ferner L. Burkhardt, Zur bilateralen
Ähnlichkeit der menschlichen Ohrform - ein Beitrag zum Symmetrieproblem. In:
Anthropologischer Anzeiger 34. 1974, S. 103 (mirvom Verf. freundlich zugänglich
gemacht). Für die Antike vgl. die Freiburger Dissertation von Lamb. A. Schnei-
der; Asymmetrie griechischer Köpfe vom 5. Jahrhundert bis zum Hellenismus
1973 (frdl. Hinweis meines Sohnes Peter Hommel).
4 Dazu auch L. Burkhardt aO., S. 103, 110, der es offenläßt, ob die von ihm an
mehr als 500 Leichen festgestellte größere Länge des rechten gegenüber dem lin-
ken Ohr in genetischem Zusammenhang mit der beim Menschen überwiegenden
Rechtshändigkeit steht. W. Gilde aO. 31f, 88.
5 W. Gilde aO. 88 weist noch darauf hin, daß unsere Marschmusik den betonten
Paukenschlag stets auf den linken Fuß legt.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften