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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1986, 5. Abhandlung): Symmetrie im Spiegel der Antike: vorgetragen am 7. Juni 1986 — Heidelberg: Winter, 1987

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https://doi.org/10.11588/diglit.48148#0013
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Symmetrie im Spiegel der Antike

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fern wie irgend etwas11. Ähnliches gilt von Drohungen autoritärer
Erzieher wie ‘auf Vordermann bringen’ oder ebenfalls schon vornazi-
stisch - ‘zu Paaren treiben’, denen eine Vorstellung von strenger Sym-
metrie zugrundeliegt.
Es ist jetzt wohl nach diesen einleitenden Bemerkungen an der
Zeit, eine Definition dafür zu geben, was heute unter Symmetrie ver-
standen wird. Nach vielerlei Versuchen in dieser Richtung1 la wäre
Symmetrie etwa zu definieren als Ebenmaß im Sinn eines ebenen oder
räumlichen Gebildes, das beiderseits einer gedachten, manchmal auch
angedeuteten oder hervorgehobenen Achse in zwei spiegelbildlich
gleiche Hälften zerlegbar ist, also kurz gesagt Seitengleichheit12.
Vor allem dem Mathematiker12"1 also muß das Herz höher schlagen,
wenn von Symmetrie die Rede ist13. Einfache Gebilde dieser Art wie
das Mühlespiel-Brett oder „die Anordnung von vier gleichgroßen Krei-
sen an den Ecken eines Quadrats“ (Abb. 3)14 können leicht jene Defi-
nition veranschaulichen. Dabei hat man mit Recht, was auch wir schon
einleitend betont haben, auf die Diskrepanz „zwischen dem Streben
des Geistes nach Symmetrie“ einerseits „und allem Einmaligen und
Unsymmetrischen der Wirklichkeit“ hingewiesen, so daß „die Nach-
11 Freilich gibt es auch für dieses ‘Ideal’ bereits ein antikes Vorbild, was Herrn. Frän-
kel, Dichtung und Philosophie des frühen Griechentums 1951, S. 397 f. nicht
gerade negativ zu bewerten sich bemüht. Der Dichter Simonides von Keos, der u.
a. das bekannte Grabepigramm auf die Thermopylenkämpfer verfaßt hat (‘Wan-
derer, kommst du nach Sparta, ...’), stellt in seinem Fragment 4 (bei E. Diehl,
Anthologia Lyrica Graeca II p. 78) „den wahrhaft tüchtigen Mann, der an Arm und
Bein und Verstand viereckig ist“ (ändr’agathön alatheös ... chersin te kai posi kai
noöi teträgönori), als schwer erreichbares Muster hin. Vgl. a. Th. Lorenz, Polyklet
1972, S. 60. H. v. Steuben, Der Kanon der Polyklet 1973, S. 35ff. (Anm. 76,78, 83);
Steuben weist auch hin auf W. Speich, Die Proportion des menschlichen Körpers.
Antike - Mittelalter - Renaissance 1957.
lla Dazu ausführlich Rudolf Wille, Symmetrie - Versuch einer Begriffsbestimmung.
In: Symmetrie I 1986, S. 437-458.
12 Vgl. etwa das Knauersche Lexikon 1956 und das Große Duden-Wörterbuch der
deutschen Sprache 1981.
12a Siehe vor allem das in Symmetrie I 1986 mehrfach zitierte Buch von Hermann
Weyl, Symmetrie 1955 (aus dem Englischen, jetzt in 2. Auflage 1981).
13 Das bereits mehrfach erwähnte Buch von W. Gilde ist ein sprechender Beweis
dafür.
14 W. v. Engelhardt, Symmetrie. In: Studium Generale 2, 1949, S. 203. Auf die
Gefahren der Erstarrung bei übertriebener Anwendung der Symmetrie wie die-
jenigen der Unordnung, Willkür und Bindungslosigkeit bei übersteigerter Asym-
metrie hat H. Götze aO. (Anm. 9) a) 16 = b) 73 hingewiesen.
 
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