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Wolf, Joseph Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1988, 2. Abhandlung): Das Senatusconsultum Silanianum und die Senatsrede des C. Cassius Longinus aus dem Jahre 61 n. Chr.: vorgetragen am 17. Jan. 1987 — Heidelberg: Winter, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.48153#0041
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Das Senatusconsultum Silanianum

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des Kapitels151 heißt es, daß misericordia das Gesetz nicht habe mildern
können. Tacitus läßt uns auch wissen152, daß in der Senatsdebatte
erwogen worden ist, wenigstens einen Teil der verurteilten Sklaven zu
begnadigen, die Alten und Jungen etwa oder die Frauen.153 Für Cassius
gab es dagegen keine Alternative zur Hinrichtung aller. Mit welcher
Seite Tacitus sympathisierte, ist klar.153a Einmal bringt er seine Mei-
nung sogar unmittelbar und nicht indirekt zum Ausdruck: wo er näm-
lich schreibt154, keiner habe gewagt, dem Antrag des Cassius entgegen-
zutreten. Denn ob die Senatoren keinen Widerspruch ‘wagten’ oder ob
Cassius sie überzeugt hatte, das konnte Tacitus wirklich nicht wissen.

III.
Nachdem wir Rede und Kontext durchgesehen haben, wenden wir
uns nun der Frage zu, was wir diesem Kapitel der Annalen über C.
Cassius Longinus entnehmen können. Hier ist eine kurze Vorbemer-
kung am Platze.
1. Tacitus hat den Verhandlungen des Senats besonders in den Anna-
len viel Raum gegeben.155 Als Quelle seiner Berichte kommen letzten

151 14.45.2.
152 14.45.1.
153 Diese Vorbehalte entsprechen der späteren Praxis des Silanianum. Schon bei
Maecianus (um 150 praefectus Aegypti) ist ausgemacht, daß der Senatsbeschluß
keine Anwendung auf impuberes findet (D 29.5.14; Ulpian D 29.5.32f.), und nach
Ulpian waren auch die aetate defecti ausgenommen (D 29.5.3.7). Ob sich diese
Praxis schon zu Beginn des 2. Jhs. durchgesetzt hatte, wissen wir nicht. Tacitus ist
aber zu entnehmen, daß sie, als er sich über das Silanianum unterrichtete, diskutiert
und vertreten wurde. Im übrigen liegt sie auf der Linie der restriktiven Interpreta-
tion, durch die Hadrian das Silanianum auf eine schuldorientierte Strafnorm zurück-
geschnitten hat (siehe o. A. 16). Sie nahm dem Gesetz die severitas, das jetzt
nämlich innoxios nicht mehr traf.
153a G. Mann, in: V. Pöschl (Hrsg.), Tacitus2 (1986) 174, sieht ihn allerdings auf der
Seite des Cassius.
154 14.45.1.
155 Bekanntlich ist in den Annalen und Historien der Hauptschauplatz der römischen
Geschichte immer noch der Senat. Vgl. etwa Talbert 329; Syme 1186; Mommsen,
Das Verhältnis des Tacitus zu den Acten des Senats (posth. 1904), Ges. Sehr. VII
257.
 
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