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Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1991, 3. Abhandlung): Kunstwerk und Nation: Zuordnungsprobleme im internationalen Kulturgüterschutz ; vorgetragen am 27. Oktober 1990 — Heidelberg: Winter, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.48163#0015
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Kunstwerk und Nation

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IV. Nationalität des Kunstwerks und Integration Europas
Man hat nun gegen die Frage einer nationalen Zuordnung der Kunst-
werke eingewandt, sie entspräche nicht der wachsenden Integration Eu-
ropas.27 Aber gerade der EWG-Vertrag läßt gemäß Artikel 36 nationale
Ausfuhrbeschränkungen bestehen, die zum Schutze des nationalen Kul-
turguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem
Wert gerechtfertigt sind. Allerdings dürfen diese Verbote und Be-
schränkungen „weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch
eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitglied-
staaten darstellen“. Man hat aber gerade auch in diesem Rahmen die
Frage nach der Nationalität des Kunstwerks gestellt. Ein Kommentator
wirft das Problem auf, ob Art. 36 des EWG-Vertrages eingreife, falls
deutsche Behörden die Ausfuhr eines Renoir nach Frankreich verbieten
sollten.28 Der EWG-Vertrag löst dieses Problem selbst nicht. Er setzt
die nationalen Kulturgüterschutzvorschriften voraus.
V. Kunstwerke als Weltkulturerbe
Es hat ferner einen Versuch im Völkerrecht gegeben, Kunstwerke
rechtlich zu entnationalisieren, indem man sie zum Weltkulturerbe er-
klärte.29 So verpflichtet die UNESCO-Konvention vom 16. 11. 1972
über den Schutz des Weltkultur- und Naturerbes die Mitgliedstaaten zur
Zusammenarbeit bei der Bewahrung herausragender Kulturgüter.3’1
Darüber hinaus hat man versucht, aus dem Begriff des „common heri-
tage of mankind“ weitere Rechtsregeln zu entwickeln, die einer nationa-
len Zuordnung der Kunstwerke entgegenstehen sollen.31 Der gesamte
Begriff stammt aber aus dem Seerecht, genauer aus dem internationalen
27 Vgl. Fuentes Camacho, La libre circulaciön de bienes culturales en la Comunidad Eu-
ropea, in: La Ley - Comunidades Europeas X Nr. 46 (31. 5. 1989), S. Iff.
28 Von der Groeben u. a. (Hrsg.), Kommentar zum EWG-Vertrag, 3. Aufl. 1983, Art. 36
Rdnr. 39, S. 295; vgl. auch Pescatore, Le commerce de l’art et le Marche Commun, in:
Revue trimestrielle de droit europeen 1985, 45Iff., 456f.
29 Vgl. hierzu Rudolf, Über den internationalen Schutz von Kulturgütern, in: Festschrift
Doehring 1989, S. 853ff.
Convention concerning the Protection of the World Cultural and Natural heritage -
Adopted by the General Conference at its seventeenth Session, Paris, 16 November
1972 (Unesco, Paris o.J.).
31 Vgl. hierzu Fiedler, Zur Entwicklung des Völkergewohnheitsrechts im Bereich des
internationalen Kulturgüterschutzes, Festschrift Doehring 1989, S. 199ff.; vgl. auch
 
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