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Fuhrmann, Manfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1994, 4. Abhandlung): Alexander von Roes - ein Wegbereiter des Europagedankens?: vorgetragen am 16. Februar 1991 — Heidelberg: Winter, 1994

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https://doi.org/10.11588/diglit.48173#0018
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Manfred Fuhrmann

Asiens“ - wohl ein Nachhall griechischer Tradition.27 Auch das
Europa-Enkomion des griechischen Geographen Strabon läßt
Motive von einst Wiederaufleben. Immerhin fungieren dort zum
ersten Male nicht allein Griechen als Bewohner des Erdteils; der
Preis der zivilisatorischen Leistungen der Römer trägt den Ent-
wicklungen der vorausgegangenen Jahrhunderte Rechnung.28
Manilius, der wie Strabon zur Zeit des Augustus und des Tiberius
gelebt hat, versteht sich in seinem astrologischen Lehrgedicht zu
einigen hymnischen Versen über Europa;29 mit diesem Panegyri-
kus, der außer den griechischen Staaten und Rom auch Germa-
nien, Gallien und Spanien nennt und somit den geographischen
Raum besser ausfüllt als alle früheren Zeugnisse, hat der überwie-
gend deklaratorische, gegebene Verhältnisse spiegelnde Europa-
gedanke der Antike einen effektvollen Abschluß gefunden.

3
Die Übergangsepoche zwischen Antike und Mittelalter zeitigte
fundamentale Veränderungen: die Völkerwanderung, den Zusam-
menbruch der westlichen Hälfte des Imperium Romanum, die
Christianisierung zahlreicher Germanenstämme und den Aufstieg
der Franken: das eigentliche Europa, d. h. jene Tochterkultur der
Antike, die nicht mehr im Mittelmeerraum, sondern in den nord-
alpinen Gebieten westlich und östlich des Rheines ihren Schwer-
punkt hatte, begann sich zu konstituieren.30 Zwar war den Traditio-
nen der Reichsverwaltung eine erstaunlich lange Nachwirkung
beschieden: die beiden Hälften des Imperium galten trotz ihrer
ungleichen Schicksale bis ins 6. Jahrhundert als Einheit, wobei
letzte Gemeinsamkeiten wie Gesetze, Münzwesen oder Jahreszäh-
lung verbindende Klammern bildeten. Gleichwohl mußte sich die
bisher gebräuchliche politische Terminologie je länger, desto deut-
licher als unzulänglich erweisen - nicht nur die Kategorie des orbis

27 Inscriptiones Graecae ad res Romanas pertinentes, ed. R. Cagnat, Bd. 1, Paris
1911, Nr. 1295.
28 2,5,26.
29 Astronomica 4,681-695.
30 Zum Folgenden ausführlich die grundlegende Monographie von J. Fischer,
Oriens - Occidens - Europa: Begriff und Gedanke ‘Europa’ in der späten Antike
und im frühen Mittelalter, Wiesbaden 1957.
 
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